Anstich im Fildertunnel

So arbeitet die Bohrmaschine - Beim Tag der offenen Baugrube

 

Von Donnerstag, 10. Juli an, fräst sich ein stählerner, unschuldig weiß getünchter, 120 Meter langer Stahlkoloss von den Fildern tief im Berg hinunter zum Stuttgarter Hauptbahnhof: Die Oströhre des aus zwei Röhren bestehenden Fildertunnels wird »angestochen«. Für die Bevölkerung hatte die Bahn den 10. Juli zum »Tag der offenen Baustelle« erklärt.

 

Von Klaus Gundgeiger und Roland Steinhauer

 

Es müssen aus diesem Anlass nicht erneut all die scharfen Auseinandersetzungen um Nutzen und Kosten des Bauprojekts Stuttgart 21 wiedergegeben werden. Und doch ist an einem solchen Tag daran zu erinnern, dass dieses Milliardenvorhaben zwar ein Meilenstein deutscher Ingenieurtechnik sein wird, aber höchst umstritten war und wohl auch bleiben wird.

 

Der Bohrgigant aus dem Schwarzwald

 

Zurück zu dem weißen Koloss, der Tunnelbohrmaschine mit Namen »TBM S-738«. Sie stammt aus der Fabrikation der Herrenknecht AG in Schwanau nahe der Autobahn A 5 zwischen Karlsruhe und Basel. Der Konzern gilt als unumstrittener Weltmarktführer der Untergrundtechnologie. Die TBM S-738 besteht aus 2000 Tonnen Stahl – so viel wiegen etwa 2600 Smart-Autos. Auf 170 Meter Tiefe ist das Bohrloch auf den Fildern bereits ohne die gewaltige Maschine vorangetrieben. Dorthin wird die riesige Bohrmaschine nun auf einbetonierten Schienen geschoben. Und von dort aus frisst sich das mächtige Schneidrad zunächst in Schichten aus Sandstein und Mergel. Das geht etwa vier Kilometer weit voraussichtlich ohne größere Probleme. Aber dann treffen im Berg Gipskeuper und verschiedene Gesteinsschichten aufeinander.

 

Ein Stück weit Spritzbeton zur Sicherheit

 

Aus Sicherheitsgründen wird die Tunnelbohrmaschine nun aus der Oströhre zurückgezogen, um auf etwa einem Kilometer Länge die Wände mit Spritzbeton zu stabilisieren. Ehe der Koloss aus Schwanau wieder in die Tiefe darf, muss er in gleicher Länge die Weströhre bohren. Bis zu diesem Zeitpunkt ist der labile Mittelteil betoniert, durch den die TBM S-738 dann wieder an die Bohrfront geschoben wird, von wo aus sie sich bis hinunter in die Stadt schneidet. Dort beginnt der letzte Teil des Fildertunnelbaus: In einem großen Hohlraum wenden die Bauleute den Bohrgiganten. Dafür interessiert sich sogar die Wissenschaft. Um die TBM S-738 dort vor dem Hauptbahnhof deichseln zu können, muss sie mit Stickstoffkissen angehoben werden. In einer Diplomarbeit lässt die Uni Stuttgart das aufwendige Verschieben der Tunnelbohrmaschine dokumentieren.

 

Fachwelt interessiert sich für den Fildertunnel

 

Mit Stolz berichtet die Bahn in ihrem Magazin »Bezug«: »Und auch gestandene Experten aus aller Welt interessieren sich für das, was dieser Tage im Stuttgarter Untergrund passiert. So ist unter anderem ein internationales Innovationstreffen mit einer Delegation von Spezialisten aus Katar geplant, die sehen wollen, wie in der baden-württembergischen Landeshauptstadt Tunnel gebaut werden – und vor allem womit.«

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