Armaturen für die ganze Welt

Rund ein Jahrhundert prägten die Fabrikhallen der Hansa das Ortsbild Möhringens

 

Obgleich sich heute nur noch ihre Zentrale hier befindet, zählt die „Hansa Armaturen GmbH“ immer noch zu den bedeutendsten Unternehmen im Ort. Gegründet 1911 in Zuffenhausen von Karl Göhring als „Preß- und Stanzwerke GmbH“, zog die Firma bereits zwei Jahre später in ihre neu erbauten Fabrikgebäude in der damaligen Stuttgarter, heutigen Sigmaringer Straße.

 

Von Sonja Mailänder 

 

Im gleichen Jahr wurde das Unternehmen in „Metall-Preß- Werk GmbH“ (M.P.W. GmbH) umbenannt. 1917 erfolgte die Vereinigung mit der „Apparatebau Hansa GmbH“ in Feuerbach. Nachdem zunächst Warmpress- und Ziehteile hergestellt worden waren, erweiterte man die Produktpalette nun um Spezialarmaturen für die Flugzeug-, Automobil- und Motoren-Industrie sowie ab 1926 für die Kältetechnik. 1921 erhielt die Firma als „Hansa Metallwerke AG“ erneut eine andere Bezeichnung. 

 

Die Fertigung von Sanitärarmaturen, wofür die Hansa bis heute vor allem bekannt ist, begann 1950. Im gleichen Jahr meldete das Unternehmen für seine neu entwickelte Handbrause mit Regulier- und Mischventil sein erstes Patent an. Außerdem entstand das Vorbild für das Hansa-Logo: der Kronengriff des Zweigriffmischers. Einen weiteren Coup konnte die Firma 1962 landen, als sie den ersten, komplett selbst konstruierten Einhandmischer Europas auf den Markt brachte. Dank der Einführung weiterer innovativer Sanitärprodukte entwickelte sich die „Hansa Metallwerke AG“ in den folgenden Jahrzehnten zu einem der bedeutendsten Hersteller von Kälte- und Wasserarmaturen. Ein internationales Vertriebsnetz wurde aufgebaut und weltweit wurden Tochtergesellschaften gegründet.

 

Im Jahr 1982 eröffnete man ein Zweigwerk in Burglengenfeld in Bayern, und zwei Jahre später erfolgte eine Mehrheitsbeteiligung an dem renommierten Schweizer Armaturenhersteller „Karrer, Weber & Cie.“ (KWC) in Unterkulm. Fünf Jahre später übernahm man die traditionsreiche „Rokal-Armaturen GmbH“ in Nettetal in Nordrhein-Westfalen. Durch Verdoppelung der Fabrikationsfläche und Erneuerung des Maschinenparks in Burglengenfeld entstand dort 1991 eine der modernsten Produktionsstätten Europas. Weitere wurden 1992 in Tschechien und 2003 in Ungarn in Betrieb genommen.

 

Verkauf der Hansa 

 

Ihren Anfang nahm die Schließung des Hansa-Werks in Möhringen 2007 mit dem Verkauf der Kältearmaturensparte an einen Investor, der sie an die Firma „Wilms“ weiterveräußerte. Daraufhin wurde die Produktion nach Werl in Westfalen verlegt. Im Jahr 2010 übergaben die bisherigen Eigentümerfamilien Göhring und Reh im Zuge einer Nachfolgeregelung den verbliebenen Sanitärbereich an den Finanzinvestor „IK Investment Partners“, der sie 2013 an eine Holdinggesellschaft weiterverkaufte. Von dieser übernahm noch im gleichen Jahr der weltweit führende finnische Armaturenhersteller „Oras“ die „Hansa Metallwerke AG“. Bis heute behaupten sich der Firmenname als „Hansa Armaturen GmbH“ und ihre Produkte am Markt. Allerdings wurde das Möhringer Fabrikgelände weitgehend aufgegeben. Erhalten sind hier nur der Vorstand, die Hauptverwaltung und das Forschungs- und Entwicklungszentrum, die 2015 in einen Neubau nahe dem Schulgelände einzogen. Auf dem östlichen Teil des Areals entsteht hingegen die neue Feuer-und Rettungswache mit Katastrophenschutzzentrum. Dahinter werden im „Hofquartier“ von der „BPD Immobilienentwicklung“ Wohnungen gebaut. Entlang der Sigmaringer Straße sind Gewerbeflächen geplant. 

 

Ein dunkles Kapitel

 

Während des Zweiten Weltkrieges musste die Produktion der „Hansa Metallwerke AG“ auf den militärischen Bedarf umgestellt werden. In den Jahren 1942 bis 1945 wurden hier 370 sowjetische Kriegsgefangene zum Bau von Handgranatenzündern als Zwangsarbeiter beschäftigt. Untergebracht waren sie unter elenden Bedingungen in mehreren Baracken neben dem Werk. Für drei dort geborene Mädchen, die mangels hinreichender Versorgung im Alter von nur wenigen Monaten starben, wurden im Jahr 2018 Stolpersteine am Eingang zum Schulgelände in der Sigmaringer Straße verlegt.

 

sm 

 

(Artikel aus Möhringen Aktuell, KW 33/2021)

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