Auf Mission im Krisengebiet

Möhringer Hauptkommissar ist Teil der Beratermission EUAM Ukraine

 

Eigentlich ist Achim Staudenmaier Dienstgruppenleiter im Streifendienst beim Polizeirevier 4 in der Balinger Straße. Seit Anfang April ist er in der ukrainischen Hauptstadt Kiew als Teil der European Union Advisory Mission (EUAM), die im Rahmen der Common Security and Defence Policy (CSDP) der EU-Außenpolitik zu einer tiefgreifenden Reform des zivilen Sicherheitssektors, vor allem der Polizei, verhelfen soll – gegen alle Widerstände, allen voran Korruption.

 

Von Daniel Stoll

 

In einer Vereinbarung mit der Ukraine erkärte sich die EU im Juli 2014 dazu bereit, die ukrainischen Verantwortungsträger bei der Planung und Durchführung einer Reform des zivilen Sicherheitssektors zu beraten. Diese umfasst neben dem Polizeibereich unter anderem den zivilen Grenzschutz, den Zoll, das Gefängniswesen, die Staatsanwaltschaften und die Gerichte. Offizieller Start der Mission war am 1. Dezember letzten Jahres; ein Großteil des Personals reiste dann im April und Mai 2015 ins Missionsgebiet aus, unter ihnen Achim Staudenmaier.

 

Langwieriger Prozess

 

»In den Organisationen gibt es strukturelle Veränderungen«, erklärt der 43-Jährige. »Pilotprojekte in den großen Städten sehen vor, die Beamten des Streifendienstes durch neu rekrutiertes Personal zu besetzen; 2000 Beamte allein in Kiew.« Seit den Maidan-Protesten werde akzeptiert, dass sogenannte »Selbstverteidigungskräfte « gemeinsam mit der Polizei Sicherheitsaufgaben wahrnähmen, aber ohne Rechtsgrundlage und Verantwortlichkeit agierten. »Hier muss das Machtmonopol des Staates wiederhergestellt werden. « Des Weiteren gehe mit der angestrebten allgemeinen Dezentralisierung die Schaffung einer kommunalen Polizei einher. Doch schnell wurde klar, dass dieses Vorhaben ein langwieriger Prozess wird: »Eine landesweite Gemeindereform noch vor der Kommunalwahl im September zu erreichen, weicht langsam der Realität«, erläutert Staudenmaier. Nebenher müsse, möglichst ohne die mächtigen Oligarchen, die marode Wirtschaft in Schwung und das Steuersystem reformiert werden. »All das in einem Land, in dem Korruption und Seilschaften locker FIFANiveau erreichen«, findet der Vollblutpolizist deutliche Worte. Als hochgradig korrupt und zudem ineffizient gelte auch die ukrainische Polizei, insbesondere die Verkehrspolizei, die zudem nicht das Vertrauen der Bevölkerung genieße. Verwaltungstätigkeiten und Aufgaben, die an private Sicherheitsunternehmen übertragen gehörten, fielen ebenfalls in den Zuständigkeitsbereich der Polizeiorganisation. »Und überall werden weitere ›Baustellen‹ sichtbar.«

 

»Nicht das letzte Mal«

 

»Als ich im Jahr 2001 Kollegen hörte, die von ihrem ersten Auslandseinsatz auf dem Balkan berichteten, entschloss ich mich auch zur Bewerbung und brachte mein Englisch auf Vordermann «, erinnert sich Staudenmaier. Seinen ersten Auslandseinsatz 2003 bei der UNMIK im Kosovo (United Nations Interim Administration Mission in Kosovo) beschreibt er als faszinierend: »Amtssprache Englisch, eine bunte Kollegenschaft aus der ganzen Welt, in Uniform, mit Waffe und Exekutivmandat in einem bedürftigen Land – eine viel umfassendere, vielseitigere und verantwortungsvollere Aufgabe als daheim. Nach dem Jahr UNMIK war mir klar: Das war nicht das letzte Mal.« 

 

So war er 2005/06 für die EU in Bosnien (EUPM), und dann 2012/13 nochmals im Kosovo, bevor es ihn nun in die Ukraine verschlug. Das Mandat der EUAM erstreckt sich zunächst auf zwei Jahre, wobei weitere Mandate vorgesehen sind. »Ein Horizont von bis zu zehn Jahren ist nicht unrealistisch«, schätzt Staudenmaier. Allerdings seien häufige Personalwechsel charakteristisch für Auslandseinsätze, was eine gute Dokumentation und Übergabe der Arbeit voraussetze. Da die Auslandsverwendung deutscher Polizeibeamter regelmäßig auf ein Jahr angelegt ist, wird Staudenmaier voraussichtlich im April 2016 wieder seinen Dienst im heimischen Möhringen antreten.

 

In der Juli-Ausgabe berichtet Achim Staudenmaier unter anderem näher über seine Tätigkeiten bei der EUAM, seine Erfahrungen mit Kollegen, mit Land und Leuten und vieles mehr.

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