Aus dem Bezirksrathaus

 

Die Sitzung des Bezirksbeirats am 23. November war ins Bürgerhaus verlegt worden. Dabei standen unter anderem folgende Themen auf der Tagesordnung:

 

Fünf Minuten für Bürgerinnen und Bürger: Die „fünf Minuten“ reichten diesmal kaum aus: Zahlreiche Bürger nutzten die Gelegenheit , ihren Unmut über eine mögliche Nachverdichtung am Ehrlichweg im Fasanenhof (siehe unten) kundzutun. „So sollte man nicht mit Bürgern umgehen“, lautete das Credo über die von vielen als Farce und als misslungen empfundene Bürgerbeteiligung. „Wir haben unser Nachverdichtungssoll längst übererfüllt“, wies ein Besucher mit Blick auf das neue Zentrum am Europaplatz hin. Als die Tagesordnung an ebenjenem Punkt anlangte, bekamen Bezirksbeiräte und Fachleute von den Zuschauerplätzen regelrecht die „Rote Karte“ gezeigt (Foto: Daniel Stoll). „Nachverdichtung NEIN danke!!!“ ist darauf in großen Lettern zu lesen, garniert mit drei Ausrufezeichen. Auf der Rückseite ruft der Bürgerverein „Fasanenhof – Hier leben wir“ die betroffenen Anwohner zu einem Besuch des Ausschusses für Umwelt und Technik und der Bezirksbeiratssitzung auf, um damit ihre Ablehnung der Nachverdichtung in der vorgesehenen Form zum Ausdruck zu bringen.

 

Heigelinstraße/Schelmenwasenstraße, Bericht über die Teilsignalisierung des Kreisverkehrs als Verkehrsversuch: Auch in diesem Punkt stand der Möhringer Stadtteil im Mittelpunkt des Interesses. Am Kreisel vom und zum Gewerbegebiet Fasanenhof-Ost läuft regelmäßig so gut wie nichts mehr. „Verkehrszählungen haben ergeben, dass es sich um ein temporäres Problem handelt, das verstärkt zwischen 16 und 18 Uhr auftritt“, erklärten Roland Petri und Daniel Hartenstein vom Tiefbauamt sowie Reiner Schlitter vom Ordnungsamt. Ausweichverkehr von der A 8 und – in umittelbarer Nähe des Kreisels – der Haupsitz der EnBW mit Hunderten von Beschäftigten tun ein Übriges zur Verschärfung der Situation.

 

Die Stauanfälligkeit im Bereich des 2007 erbauten Kreisverkehrs sei bereits seit Längerem bekannt. In einer ämterübergreifenden Planungsgruppe seien bereits im vergangenen Jahr erste Maßnahmen zu einer Verbesserung beschlossen werden, wie die Drosselung durch die Fußgängerampel im Bereich der Brücke vor dem Kreisel. „Damit haben wir das Problem allerdings nicht vollständig in den Griff bekommen.“

 

Die „sehr aufwendige“ Teilsignalisierung als jetzt vorgeschlagene Lösung sei für Stuttgart etwas Neues. Dabei soll der Verkehr von der B 27 bei Bedarf künstlich angehalten und dadurch dem ausfahrenden Verkehr mehr Raum gegeben werden. Die Maßnahme wird durch zwei mit der Integrierten Verkehrsleitzentrale vernetzte Rundumkameras unterstützt, um bei Bedarf die Ampelschaltung anpassen zu können. Zusätzlich werden sogenannte Stauschleifen notwendig. Die Signalisierung soll nur tagsüber zur Hauptverkehrszeit aktiviert und ansonsten, auch an den Wochenenden, dunkel geschaltet werden. „Wir erhoffen uns dadurch mehr Luft“, urteilten die Fachleute. Eine spürbare Besserung erwarten sie zudem ab Ende 2019, wenn der Transport von Tübbings (Schachtbauteilen) und Schutt im Zusammenhang mit dem Bahnprojekt Stuttgart 21 voraussichtlich abgeschlossen sein wird. Bei planmäßigem Verlauf soll die Anlage bereits Ende März in Betrieb gehen, deren Auswirkungen beobachtet und gegebenenfalls nachjustiert werden. Die Kosten für das Projekt beziffern die Experten mit rund 110 000 Euro. Gut investiertes Geld, befanden die Bezirksbeiräte, die mit 15 Stimmen und einer Enthaltung für die Maßnahme stimmten.

 

Ergänzende Bebauung am Ehrlichweg im Fasanenhof; Ergebnis der Bürgerbeteiligung und Vorschlag zum weiteren Vorgehen: Die bereits jetzt hohe Lärmbelastung des Fasanenhofs, Sorge um die verbliebenen Grünflächen und den Baumbestand inklusive Mammutbaum, zu wenig Stellplätze und drohender Verkehrskollaps: Die Skepsis und Bedenken der Anwohner wurden auch nach der viel kritisierten Bürgerbeteiligung eher noch verstärkt als ausgeräumt, fasste deren Moderatorin Ute Kinn zusammen. Große Sorgen bereiten zudem die sozialen Belange des Stadtteils: Eine Nachverdichtung müsse zwingend einhergehen mit einer nachhaltigen Aufwertung der sozialen Infrastruktur sowie des sozialen Miteinanders und Gemeinwesens.

 

Das Votum der beteiligten Bürger richtet sich nicht gegen eine Nachverdichtung an sich, sondern gegen die geplanten Standorte im Ehrlichweg – mit Ausnahme der städtischen Fläche –, in der Kurt-Schumacher- Straße sowie im Sautter- und Giescheweg. Warum stattdessen eine Aufstockung bestehender Gebäude nicht in Betracht gezogen wird, wollte vielen auch in der Sitzung nicht so recht einleuchten: Statische und – aus Sicht der fünf beteiligten Baugenossenschaften – wirtschaftliche Gründe gäben den Ausschlag gegen eine Aufstockung, erklärte Michael Hausiel. „Zunächst waren größere Gebäude vorgesehen, diese rücken nun näher an die Straße“, so der Stadtplaner weiter und stellte die Bedeutung von genügend Zwischenräumen heraus. Dass im Bereich Ehrlichweg nur versiegelte Flächen bebaut werden sollen und eine sehr gute Infrastruktur und Nahversorgung vorhanden sei – mit Gründen für die städtischen Pläne hatten die Moderatoren bei den kritischen und zum Teil aufgebrachten Besuchern einen schweren Stand. Diese monierten ebenso wie die Bezirksbeiräte, dass die 15 Grundsätze zur Weiterentwicklung des Fasanenhofs, die während der Planungswerkstätten erarbeitet wurden, nach ihrem Empfinden unter den Tisch gefallen seien. Darin sind unter anderem die Forderung nach preisgünstigem Wohnraum insbesondere für junge Familien, nach einem ausgewogenen Verhältnis an Wohnraum für Menschen mit geringem, mittlerem und höherem Einkommen, aber auch nach Lärmminderungsmaßnahmen wie die Überdeckelung der A 8 enthalten.

 

Nach eingehender Beratung einigte sich das Gremium darauf, den Bauzonenplan als Grundlage für ein Wettbewerbsverfahren nicht zu akzeptieren. Stattdessen formulierte Bezirksvorsteherin Evelyn Weis in Abstimmung mit den Räten den Antrag, den gesamten Stadtteil auf eine mögliche Nachverdichtung zu überprüfen.

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