Das Leid nicht vergessen

Auch in Möhringen erinnern insgesamt elf „Stolpersteine“ an Nazi-Opfer

 

Stolpersteine gelten als das größte dezentrale Mahnmal der Welt. Sie sind inzwischen zu Tausenden in Europa verlegt, mehr als 500 Stolpersteine erinnern und mahnen an den Terror des Nationalsozialismus allein in Stuttgart – elf davon in Möhringen.Organisiert wird das Projekt mittlerweile von einer gemeinnützigen Stiftung.

 

Von Klaus Grundgeiger

 

Am 8. Mai – anlässlich des Gedenktages des Kriegsendes vor 76 Jahren – haben „Die Vielen“, Vereine und Theaterund Kulturschaffende unter anderem aus Stuttgart, zum Putzen von Stolpersteinen aufgerufen. Das Projekt der „Stolpersteine“ ist 1992 von dem Berliner Künstler Gunter Demnig ins Leben gerufen worden. Er möchte mit ihnen der nationalsozialistischen Massenvernichtung etwas entgegensetzen und so den NSOpfern, die in den Konzentrationslagern nicht mehr als eine Nummer waren, ihre Namen zurückgeben. Ihre Namen, Geburts- und Todesdaten, die Daten ihrer Deportation und oft auch zusätzliche Beschriftungen werden mit Hammer und Schlagbuchstaben von Hand in ein kleines Quadrat aus Messing gebracht.

 

Wenn Kinder zu Opfern werden Um die Texte auf den kleinen Tafeln lesen zu können, muss man sich oft ein wenig vorbeugen – eine symbolische Verbeugung vor den Opfern, wie Demnig erklärte. Da das Messing der Stolpersteine mit der Zeit matt wird, rufen „Die Vielen“ dazu auf, die Steine zu putzen. Wo aber genau sind die in Möhringen von Gunter Demnig an drei Terminen verlegten Stolpersteine, für wen sind sie gedacht? Die ersten wurden am 9. Oktober 2017 in der Balinger Straße gesetzt.

 

Auf dem heutigen Gelände der Jugendfarm war im Dritten Reich das Zwangsarbeiterlager Haldenwies. 1944 und 1945 kamen dort sieben Kinder ums Leben. Das jüngste war die erst sieben Monate alte Ludmila Wasekina, außerdem Wasili Derschiruka (elf Monate), Lena Gontschar (im dritten Lebensjahr), Nikolai Kubrizin (acht Monate), Lidija Maturnewitsch (viereinhalb Jahre), Anatoli Pinschonin (elf Monate) und Viktor Sawtschenko (neun Monate). „Lungenentzündung“, „Durchfall“ oder „Ernährungsstörung“ hieß es auf ihren Sterbeurkunden. Am 9. Juli 2020 wurde an der Oberdorfstraße 12 ein Gedenkstein für die 37-jährige Gertrud Däuble verlegt. Sie wohnte als sechstes von elf Kindern des evangelischen Pfarrers Eugen Frick mit Eltern und Geschwistern zeitweise im Möhringer Pfarrhaus. Nachdem sie von 1924 bis 1925 die Hebammenschule in Stuttgart besucht und die Abschlussprüfung mit „sehr gut“ bestanden hatte, arbeitete sie ab Juli 1925 als Ortshebamme in Sulz am Neckar.

 

Im Frühjahr 1926 machten sich Symptome ihrer Erkrankung bemerkbar: „Schizophrenie“ lautete die Diagnose. Zwischen verschiedenen Krankenhausaufenthalten wohnte sie in Möhringen, wurde später in Vogelhof/Erbstetten untergebracht, wo sie ihren späteren Mann kennenlernte. Mitte der 1930er-Jahre musste Gertrud Däuble erneut in die Heilanstalt Winnental. Von dort aus wurde sie am 30. Mai 1940 nach Grafeneck deportiert und dort ermordet. Vor dem Rembrandt-Schulzentrum erinnern Stolpersteine an drei Kleinkinder, die im Zwangsarbeiterlager der Hansa-Metallwerke starben. Zur Verlegung der Steine für Nadja Jakimenko (sieben Monate alt), Olga Tschetirbok (fünf Monate) und Lydia Martschenko (14 Monate) am 11. Juli 2018 reiste der Neffe eines der Opfer aus der Ukraine an. Privatpersonen und Angehörige, Verbände, Vereine oder Schulklassen – jeder kann einen Stolperstein verlegen lassen, mehr dazu im Internet auf www.stolpersteine-stuttgart.de

 

Wie werden Stolpersteine gereinigt?

Für die Reinigung der Stolpersteine benötigen Sie Wasser, einen handelsüblichen Abwasch- Schwamm, ein Putzmittel für Metalloberflächen, einige Blätter Küchenkrepp. Zusätzlich kann ganz feine Stahlwolle (000 oder 0000) am besten aus dem Baumarkt hilfreich sein. Dann wie folgt vorgehen: Den groben Straßenschmutz mit Lappen oder Papiertuch beseitigen. Mit dem Schwamm (man kann ruhig die grobe Seite verwenden) das Metallputzmittel in den Stein einreiben und es einwirken lassen. Danach den Stein durch kräftiges Reiben mit dem Schwamm reinigen, mit Wasser abspülen und mit Lappen oder Papiertüchern trocknen. Wenn vorhanden, den trockenen Stein dann mit der feinen Stahlwolle polieren ... jetzt sollte er wieder glänzen.

 

(Artikel aus Möhringen Aktuell, KW 21/2021)

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