»Das Team gewinnt!«

Hauptkommissar Staudenmaier auf Beratermission in der Ukraine – Teil 2

 

In unserer Juni-Ausgabe haben wir erstmals über den Möhringer Hauptkommissar Achim Staudenmaier berichtet (siehe Infokasten), der derzeit in Kiew weilt. Was genau sein Aufgabenbereich innerhalb der EUAM ist, wie sich die Zusammenarbeit mit den Missionskollegen gestaltet, die bislang gewonnenen Eindrücke und Erfahrungen – all das ist Thema des heutigen zweiten Teils.

 

Von Daniel Stoll

 

»Zu meinen Aufgaben gehören Kontaktaufnahmen und Arbeitsbesuche im Bereich der Zentralukraine, Situationsanalysen, Fachgespräche mit offiziellen Vertretern der entsprechenden ukrainischen Behörden des Sicherheitssektors, aber auch mit Vertretern der Zivilgesellschaft«, erklärt Staudenmaier. Dadurch solle sichergestellt werden, dass die EUAM-Beratungen hinsichtlich Änderungen von Strukturen und Prozessabläufen, Achtung und Verbesserungen bei der Wahrnehmung von Menschenrechten und Ähnlichem bedarfsgerecht erfolgten. Außerdem solle später die Wirksamkeit von Reformen überprüft und gegebenenfalls Nachjustierungsbedarf festgestellt werden.

 

Umgekehrt sollen die Gespräche vor Ort gewährleisten, dass Aspekte und eventuell abweichende oder ergänzende Bedürfnisse im Land abgeglichen und zurück an die strategischen EUAM-Berater in den Ministerien gemeldet werden.

 

Diplomatisches Geschick

 

Und Nachbesserungsbedarf werde es angesichts der vielschichtigen und gleichzeitig ablaufenden Prozesse sicherlich geben, ist sich der 43-Jährige sicher, der in Ulm und im Alb-Donau- Kreis aufgewachsen ist, seit mehr als zehn Jahren in Stuttgart- Gaisburg wohnt – wenn er nicht gerade im Auslandseinsatz ist – und die Strecke nach Möhringen mit dem Fahrrad zurücklegt. »Die Herausforderungen in dem Land könnten einen erschlagen, und die Erwartungen an die Reformen sind groß«, resümiert Staudenmaier. »Die Kunst besteht wohl darin, mit einem angemessenen Verhältnis aus Gründlichkeit und Schnelligkeit ans Werk zu gehen.«

 

Die Vertreter aller Institutionen bekunden zwar öffentlich die Notwendigkeit von Reformen, sind aber selbstredend Teil des Systems und fürchten zum Teil um ihre Stellung. »Da sind Antizipationsvermögen, Empathie und Fingerspitzengefühl gefragt – und natürlich gute, nachvollziehbare Gründe«, beschreibt Staudenmaier die diffizile Gratwanderung zwischen der Durchführung notwendiger Maßnahmen und Rücksichtnahme. Die EUAM hat derzeit rund 120 internationale und lokale Mitarbeiter aus den Bereichen Polizei, Grenzschutz, Zoll und Justiz, darunter sechs deutsche Polizisten und vier Fachleute vom Zentrum für internationale Friedenseinsätze. Die Zusammenarbeit innerhalb der Mission selbst steht unter dem Motto »Das Team gewinnt «. »Auch wenn einige viel Erfahrung auf ihrem Fachgebiet mitbringen – angesichts der gewaltigen Herausforderungen mit vielen Querverbindungen schätzen wir alle den Austausch und die gegenseitige Unterstützung «, so Staudenmaier, der neben Jogging und Fitness auch Politik zu seinen Hobbys zählt und Vorsitzender des Arbeitskreises Polizei in der CDU Stuttgart ist.

 

Arm-reich-Gefälle

 

»Das Straßenbild ist durch sehr viele Uniformierte geprägt, teils in offiziellen Uniformen, teils nur in einzelnen Camouflage- Kleidungsstücken«, weiß Staudenmaier. »Das ist das sichtbarste Zeichen des Konflikts im Osten.« In Kiew, rund 700 Kilometer von der Frontlinie entfernt, sei die Erinnerung an die langen Maidan-Proteste sehr lebendig. Im Vergleich zu anderen Missionsgebieten sei die Lebensqualität ausgesprochen hoch, die Kluft zwischen arm und reich jedoch enorm. Den Einkauf im Supermarkt können sich viele Leute nicht leisten.

 

Abseits seiner Tätigkeit findet der Stuttgarter wochenends noch genügend Zeit zur Zerstreuung: »Kiew bietet als Großstadt einiges an Kultur und Sportmöglichkeiten; die Philharmonie ist ein Schmuckstück.« Dazu biete das Land eine vielseitige Gastronomie. Im Vordergrund steht für den engagierten Polizisten allerdings die Erholung, Kraft zu tanken für die nächste anstrengende Arbeitswoche.

 

Rückblick auf unsere Juni-Ausgabe

Achim Staudenmaier ist Dienstgruppenleiter im Streifendienst beim Polizeirevier Möhringen. Seit April ist er, voraussichtlich für ein Jahr, in der ukrainischen Hauptstadt Kiew als Mitglied der European Union Advisory Mission (EUAM). Deren Aufgabe ist es, im Rahmen der Common Security and Defence Policy (CSDP) den zivilen Sicherheitssektor, vor allem die örtliche Polizei, zu reformieren. Diese gilt als korrupt und genießt kein Ansehen bei der Bevölkerung. Überhaupt sind Seilschaften und Korruption landesweit an der Tagesordnung. Die Wirtschaft ist am Boden, auch das Steuersystem bedarf einer Reform. Seit den Maidan-Protesten im Winter 2013/14 mit zahlreichen Todesopfern nehmen neben der Polizei »Selbstverteidigungskräfte « ohne Rechtsgrundlage Sicherheitsaufgaben wahr. Hier soll das Machtmonopol des Staates wiederhergestellt werden. Das EUAM-Mandat ist vorerst auf zwei Jahre angelegt, wobei weitere Mandate mit einer geschätzten Dauer von bis zu zehn Jahren vorgesehen sind

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