Der Tanz des Lebens

Die ehemalige Primaballerina Eva Steinbrecher

 

Freude, Lebensmut und immer in Bewegung: Die Möhringer Ballettlehrerin und ehemalige Solistin am Stuttgarter Ballett Eva Steinbrecher gibt ihr Glück gern an andere Menschen weiter.

 

Von Anke Bauer

 

Ein Gespräch mit Eva Steinbrecher wirkt ein bisschen wie ein Motivationsschub: Wenn die 61-Jährige voller Heiterkeit von den bisherigen Stationen ihres Daseins erzählt, kommt einem schnell in den Sinn, was auch ihr wichtig ist: die Freude am Leben. Für die ehemalige Solistin am Stuttgarter Ballett und Gründerin der „Ballettseminare Stuttgart“, wo sie selbst unterrichtet, stand das Tanzen immer im Mittelpunkt – sie hat ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht. „Und das macht mir bis heute unglaublich viel Freude“, erzählt sie. Bereits mit fünf Jahren kam sie an die Ballettschule, Tänzerin werden wollte sie schon immer. „Mich hat das Ballett von Anfang an fasziniert“, sagt sie. Und auch das Unterrichten lag ihr bereits in jungen Jahren im Blut – nicht zuletzt durch ihre Mutter, die selbst Ballettlehrerin war. „In der Grundschule habe ich meinen Freundinnen Ballettunterricht auf dem Pausenhof gegeben“, erinnert sich Steinbrecher lachend.

 

Der Weg zu ihrem Traumberuf war mit vielen glücklichen Fügungen gepflastert. Schnell fiel auf, dass sie begabt war. Von Offenbach aus, wo Steinbrecher aufgewachsen ist, ging es zweimal die Woche zum Ballettunterricht ans Konservatorium in Frankfurt, mit elf Jahren kam sie an die renommierte John-Cranko- Schule in Stuttgart. Quasi durch Zufall – und natürlich durch ihre Begabung. „Meine Mutter hospitierte dort und nahm mich eines Tages mit. An diesem Tag stellte sich auch eine Ballettlehrerin aus Großbritannien vor und ich nahm am Probetraining teil – die Lehrerin wurde nicht genommen, aber ich“, erzählt sie von ihrer „Aufnahmeprüfung“. Steinbrecher gehörte zur ersten Generation im John- Cranko-Internat, hatte jeden Tag Balletttraining und ging am Königin-Katharina-Stift- Gymnasium zur Schule. Ihren Abschluss machte sie bereits mit 17 Jahren. Von der John- Cranko-Schule aus wurde sie direkt ins Stuttgarter Ballett aufgenommen, wo sie 13 Jahre unter der weltbekannten Tänzerin, Choreografin und damaligen Direktorin Marcia Haydée tanzte, zuletzt als Solistin. Auch dabei musste sie sich nicht bewerben: „Marcia Haydée kam in den Unterricht und hat mich ausgewählt.“ Eva Steinbrecher erinnert sich gernan die Zeit zurück: „Mein Markenzeichen war meine Vielseitigkeit, ich habe schnell neue Schritte und Rollen gelernt, konnte so on the spot mitmachen und auch für andere einspringen.“ In allen großen Balletten tanzte sie die zweite weibliche Hauptrolle. Während viele Menschen beim Ballett an blutende Zehen denken, denkt Steinbrecher an die „übersprudelnde Freude“, die ihr diese Zeit gab. Ihr großes Glück und Privileg waren ihr stets bewusst.

 

Wissen an Kinder und Erwachsene weitergegeben

 

Mit 30 Jahren beendete sie freiwillig ihre Tänzerinnenlaufbahn, um ein Jahr Ballettpädagogik an der Waganowa-Akademie in St. Petersburg zu studieren – und ihr Wissen künftig an Kinder, aber auch an Erwachsene weiterzugeben. Zunächst in Osnabrück, dann zog es die ehemalige Primaballerina wieder nach Stuttgart, dem Ballettzentrum Deutschlands, wie sie es nennt. Hier gründete sie die „Ballettseminare Stuttgart“, wo sie derzeit zweimal die Woche unterrichtet: Sie trainiert Erwachsene und bildet Ballettlehrkräfte fort. „Das läuft richtig gut“, sagt die Mutter zweier Kinder, die bei ihren Kursen begeistert auch selbst mittanzt.

 

 

Bewegung ist der Ballettlehrerin wichtig: Als Mitglied des Schwäbischen Albvereins geht sie gern wandern, walken, und man trifft sie schwimmend im Möhringer oder Vaihinger Freibad. In ihrer Wahlheimat Möhringen fühlt sie sich sehr wohl: „Der Stadtteil atmet Geschichte, das finde ich toll.“ Ob der Steinbrunnen aus dem 13. Jahrhundert, die alten Häuser, die alteingesessenen Geschäfte, die Nähe zur Natur – die gläubige Christin hat ihren Platz gefunden. Das (Weiter-) Geben zieht sich durch Eva Steinbrechers Leben, sie unterstützt ihre Mitmenschen gern, hilft und packt an, wo sie kann. „Ich wurde selbst so reich beschenkt und hatte so viel Glück, das gebe ich gern weiter“, sagt sie. Und schließt damit den Kreis zur einstigen Grundschülerin, die mit ihren Freundinnen auf dem Schulhof tanzt.

 

(Artikel aus Möhringen Aktuell, KW 31/2021)

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