Die Bürde des Ehrenamts

 

Gerda Fischer, die Vorsitzende des Möhringer Bürgervereins, hat im Oktober als Anerkennung für ihr Engagement im Ehrenamt die Ehrennadel des Landes Baden-Württemberg verliehen bekommen.

 

Von Roland Steinhauer

 

In all den Jahren ihres ehrenamtlichen Engagements ist es ihr nicht ein einziges Mal in den Sinn gekommen, dass es zu viel wird. »Nein, nie«, betont Gerda Fischer resolut. Und so wie sie es sagt, glaubt man es ihr auf Anhieb. »Es hat schon Tiefschläge gegeben. Nicht gerade wenige. Aber ich bin immer wieder aufgestanden und habe mir gesagt: Jetzt erst recht. Ich gehör nicht zu den Leuten, die dann anfangen zu jammern. Ich habe solche Dinge dann einfach weggeschoben«, sagt sie rückblickend.

 

Zwei Töchter hat sie in Möhringen großgezogen und war vom Kindergarten bis zum Abitur und darüber hinaus immer eine engagierte Mutter, ob als Elternbeirat oder eben auch im Bürgerverein. Das mit dem Ehrenamt hatte aber schon viel früher angefangen. »Als Kassiererin beim Ski-Club, weil sich niemand anderes gefunden hat. Ich war die erste Frau im Sportverein, mit 21 Jahren, die so einen Posten übernahm. Da war natürlich auch ein Emanzipationsgedanke mit im Spiel. Ich hab gedacht, im Versteckten agieren, dass kann ich nicht, ich muss nach vorne«, und das sagt Gerda Fischer heute noch von sich.

 

Das Soziale pflegen

 

Während ihres unermüdlichen Engagements im Möhringer Bürgerverein wurden viele Dinge auf den Weg gebracht. Und zwar aus dem Gedanken heraus, dass Menschen sich begegnen können. »Da hat der Kunstmarkt ein ganz anderes Publikum als der Trödelmarkt, oder die Veranstaltungsreihe ›Donnerstags im Bürgerhaus‹. Und der Christkindlesmarkt nimmt natürlich einen sehr großen Raum ein. Und wir sind ein rein karitativer Markt geblieben, über all die Jahre, obwohl die Versuchung groß war. Wir wollen bewusst das Soziale pflegen, was uns bis zum heutigen Tag für Möhringen gelungen ist«, erklärt Gerda Fischer stolz. »Ohne Ehrenamt wären wir eine ganz arme Gesellschaft. Doch irgendeiner muss dabei immer den Kopf hinhalten. Das war auch meine bisherige Motivation gegenüber all den Kritikern. Was würden die machen, wenn es kein Ehrenamt gäbe? Schauen Sie nur die musiktreibenden Vereine: Keiner könnte singen, und singen macht glücklich. Da sind viele ehrenamtlich unterwegs. Das sieht oft bloß keiner«, resümiert die Bürgervereinsvorsitzende.

 

Dem Ehrenamt seine Würde lassen

 

Das gemeinsame Miteinander ist ihr wichtig. »Nur mit Egoisten kommt man nicht weit vom Fleck«, erklärt sie und ergänzt: »Man muss dem Ehrenamt seine Würde lassen und dabei bereit sein, zu kämpfen, nicht gegen etwas, sondern für etwas.« Jemand, der wie Gerda Fischer ein Ehrenamt bekleidet, braucht Helfer und viele Wegbegleiter. Da ist die eigene Familie nicht ausgeschlossen. »Die müssen manchen Handgriff tun. Besonders mein Mann unterstützt mich kolossal. Ohne ihn ginge das in der Zwischenzeit gar nicht mehr. Ich merke aber bei der eigenen Familie, wenn der Beruf einen mehr fordert, ist einfach keine Zeit mehr da.« Auch der Bürgerverein hat Probleme, jüngere Menschen zu finden, die sich im Ehrenamt engagieren wollen. »Meistens sind es junge Rentner, auf die zielen wir zurzeit ab. Denn ich möchte nach Möglichkeit nächstes Jahr aufhören. Da such ich noch jemanden als Nachfolge.«

 

Gerda Fischer ist heute 76 Jahre alt, seit 45 Jahren mit ihrem Mann Helmut verheiratet und lebt auch schon so lange in Möhringen. Wenn sie nächstes Jahr aufhört, wird sie 77 Jahre alt sein, und dann gibt es mehrere Gründe zum Feiern: »25 Jahre Donnerstags im Bürgerhaus« und 25 Jahre Vorsitzende im Bürgerverein.

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