Die Filder-Rebellen feiern

Schutzgemeinschaft Filder besteht seit 50 Jahren

 

Seit einem halben Jahrhundert setzt sich die Schutzgemeinschaft Filder gegen die unwiederbringliche Versiegelung bester Filderböden und für eine Ausweitung des Lärmschutzes ein. Bei der großen Jubiläumsveranstaltung in der Filderhalle in Leinfelden würdigten hochkarätige Gäste die Leistungen der Initiative.

 

Von Daniel Stoll

 

„Zwar kein biblisches, für eine Bürgerinitiative aber sehr stattliches Alter“ attestierte Gabi Visintin der Schutzgemeinschaft, deren Vorsitzende sie von 1994 bis 2004 war. In den voll besetzten Reihen der Gäste machte sie etliche Mitstreiter und bekannte Gesichter aus vergangenen Tagen aus, darunter auch Landwirte, die in der Verteidigung ihres wertvollen Filderbodens manchen Kampf auszufechten hatten und noch haben.

 

Der Kampf hört nicht auf

 

Denn auch nachdem die Pläne eines Großflughafens endgültig vom Tisch waren, wurden die Filder von allen Seiten bedrängt, sei es durch den Bau der Messe oder das Bahnprojekt Stuttgart 21. „Der Charme und die Attraktivität des Standorts bringt auch Nachteile mit sich, wie zunehmender Verkehr und steigender Flächendruck“, brachte Oberbürgermeister Roland Klenk eine weitere Problematik ins Spiel.

 

„Das ist immer auch ein Konflikt mit uns selbst“, pflichtete ihm Landes-Verkehrsminister Winfried Hermann in seiner Laudatio bei, „denn wir brauchen nun mal Flächen für Wohn- und Gewerbegebiete, auch weil sie Steuergelder bringen.“ Für ihn seien sie keine Krautrebellen, sondern Rebellen gegen Filderfraß, so Hermann, der die großen Stärken der Schutzgemeinschaft unter anderem in ihrer breiten Aufstellung und Akzeptanz sah und ihre Aktivitäten als „50 Jahre Beitrag zur Demokratisierung“. Für den nötigen wissenschaftlichen Unterbau sorgten schließlich Jean Charles Munch, ehemaliger Professor für Bodenökologie, und Willfried Nobel, Diplom- Agrarbiologe und Professor für Ökologie sowie Regionalrat. Die beiden Experten gingen unter anderem auf das sensible Ökosystem in den wertvollen Ackerböden ein, wie sie auf den Fildern zu finden sind – unabdingbar für alles Leben auf der Erde, was aber von der Politik offensichtlich verkannt werde.

 

„Wie lange noch benötigen wir die Schutzgemeinschaft Filder, um denen ins Handwerk zu pfuschen?“, zitierten die Redner den Historiker und schwäbischen Dichter Gerhard Raff.

 

Sittler hat einen Wunsch

 

Auch der ehemals in Möhringen wohnhafte Schauspieler und wortgewandte Stuttgart- 21-Gegner Walter Sittler würde sich bei aller Sympathie wünschen, dass sich die Existenz der Schutzgemeinschaft in absehbarer Zeit erübrigte. Diese habe durch ihre Beständigkeit – „dranbleiben, durchhalten, ein Ziel haben“ – Vorbildcharakter.

 

Und um weiterhin „dranbleiben“ zu können, überreichte Eisenhart von Loeper, Rechtsanwalt und Sprecher des Aktionsbündnisses gegen S 21, eine symbolische Hellebarde an den Schutzgemeinschaft-Vorsitzenden Steffen Siegel. „Für den weiteren Kampf – natürlich gewaltfrei, nur mit der Kraft des Wortes.“ Doch das hätte von Loeper nicht extra erwähnen müssen.

 

Denn mit der Kraft des Wortes wusste auch Siegel trefflich umzugehen. Da bekam unter anderem der ehemalige Ministerpräsident Erwin Teufel sein Fett weg, der seinerzeit die Messe durchzudrücken wusste: „Früher haben Ritter Land geraubt, heute machen sie einfach ein neues Gesetz.“ Mit S 21 stünde „erneuter Filderbodenmord“ an. Der engagierte Vorsitzende erinnerte sich an seine Jugendzeit in Möhringen, „als noch Störche im Spitalhof nisteten“ und es noch viele Freiräume gab. „Diese endlose Wachstumsspirale müssen wir endlich durchbrechen“, betonte Siegel und schloss mit dem flammenden Appell: „Spenden Sie, kämpfen Sie mit – für unsere Enkel die Filder leben lassen.“

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