D`Kraute, d`Milche on` d`Soife

Mehrere Betriebe zogen nach dem Ende der Brauerei Widmaier ins Richterviertel

 

Der Verkauf der Brauerei fiel in die Zeit kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs. Erste Nachnutzungen in den ehemaligen Fabrikgebäuden folgten daher erst spät und waren geprägt durch die damals schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse.

 

Von Sonja Mailänder

 

Bereits 1916 veräußerte Carl Widmaier jr. die Hälfte seines Anwesens an die unter dem Vorsitz des Hohenheimer Professors Johann Wacker entstandene Filderkrautzentrale Möhringen GmbH. Nachdem jedoch die Krauternte 1925 aufgrund der stagnierenden Wirtschaft nicht abgesetzt werden konnte, brach sie schon 1926 zusammen – zwei Jahre nach ihrer Umwandlung in eine Bezugs- und Absatzgenossenschaft. Daraufhin gründete der landwirtschaftliche Ortsverein 1928 eine Verkaufsgesellschaft und schloss mit der Sauerkrautfabrik Sommer in Echterdingen einen Vertrag über die Krautabnahme ab. In einem Zweigbetrieb der Fabrik, der sich in der damaligen Stuttgarter, der heutigen Sigmaringer Straße 35 ansiedelte, wurde daraufhin ein Teil der Möhringer Krauternte verarbeitet. Später kam auch noch das Gebäude in der Richterstraße 14 hinzu, wo von 1928 bis zu ihrem Konkurs 1932/33 die Nudelfabrik Ruf Teigwaren produziert hatte. Erst 1981 wurde die Sauerkrautproduktion eingestellt und die Häuser wurden daraufhin an die Möhringer Bank verkauft.

 

Bauern haben sich zusammengetan

 

In das ehemalige Brauereigebäude in der Richterstraße 16 zog 1928 die im selben Jahr gegründete Milchverwertungsgenossenschaft Möhringen ein. Dorthin lieferten die Bauern von nun an die von ihnen gemolkene Milch, wo sie zentral erfasst, teils weiterverarbeitet und ihre Erzeugnisse verkauft wurden. Auch die Milchproduktion nahm jedoch über die Jahrzehnte stark ab. Während in den 1930er Jahren etwa 110 Landwirte Milch abgaben, waren es Anfang der 1960er Jahre nur noch circa 35. 1967 ging die „Milche“ an die Stuttgarter Südmilch AG über; ein zentraler Verkauf fand in der Richterstraße jedoch noch bis 1976 statt.

 

In der Absicht hier eine Seifensiederei einzurichten, erwarb Walter Rau 1928 die Fabrikgebäude der ehemaligen Brauerei Widmaier in der heutigen Sigmaringer Straße 31 und 33. Bereits sein Großvater, der Apotheker Eugen Rau, hatte 1862 in Stuttgart eine der ersten Seifenfabriken Süddeutschlands eröffnet. Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte eine umfassende Renovierung und Modernisierung der Gebäude. Ab 1957 diente die ehemalige Hopfendarre der Brauerei Widmaier, die seit 1926 von den Technischen Werken der Stadt Stuttgart genutzt worden war, als Rohstofflager, Werkstätte, Küche und Kantine des Feinseifenwerks Rau & Co. KG. 1968 zog ein Teil der „Soife“ nach Leinfelden, wo die heutige Speick Naturkosmetik GmbH & Co. KG seit 2008 vollständig angesiedelt ist.

 

(Artikel aus Möhringen Aktuell, KW 13/2021)

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