„Ein Schildbürgerstreich“

Umfrage: Wir haben uns am Samstag, 9. Januar, auf dem Wochenmarkt umgehört

 

Ehrlich gesagt: Es war schwierig, jemanden zu finden, der sich für den neuen Standort auf dem Spitalhof ausgesprochen hat. Die von uns befragten Beschicker und Kunden äußerten große Bedenken.

 

Von corinna Pehar

 

Christa und Karl-Heinz Kieß sind langjährige treue Marktkunden – vor allem in Zeiten von Corona schätzt das Ehepaar den Gang auf den Wochenmarkt: „Ich bin sehr froh meine Einkäufe an der frischen Luft erledigen zu können – und das meistens reichlich, sodass ich die Woche über nicht in enge volle Läden muss“, erklärt Christa Kieß. Da sie nicht mehr so gut zu Fuß sei, ist die Möhringerin mit ihren schweren Taschen auf einen Parkplatz in der Nähe angewiesen: „Am Spitalhof findet man sehr schwer einen Parkplatz oder nur recht weit entfernt“, moniert sie. Ihr Mann ärgert sich zudem über die „undemokratische und intransparente Verlegung“ des Markts: „Wir Kunden wurden überhaupt nicht gefragt.“ Darüber ärgert sich auch Manfred Korn, der sich bei der Stadt und der Märkte Stuttgart GmbH gegen die Verlegung stark macht und mittlerweile eine Unterschriftenliste ins Leben gerufen hat. Seiner Meinung nach sei es auf dem Spitalhof „zu eng“, der ursprüngliche Platz neben der Martinskirche sei deutlich weitläufiger und verhindere einen zu engen Kontakt in den Warteschlangen – Stichwort Corona. „Fluchtmöglichkeiten sind im Spitalhof durch nur einenZu- und Abgang reduziert“, kritisiert er. Aufgrund der fehlenden Parkplätze und der schwierigen Zufahrt befürchte er, dass sich die Zahl der Beschicker verringern werde:„Das ist dann eine Abwärtsspirale.“ Die enge und einzige Zufahrt zum Spitalhof ist das große Thema bei den Marktbeschickern, die mit ihren Anhängern rein- und ausfahren müssen. Carmine Di Filippo, der seit 28 Jahren Käsespezialitäten verkauft, ist zwiegespalten: „Mir ist es eigentlich egal, auch wenn wir mit dem kleineren Fahrzeug anreisen müssen – doch viele meiner Kunden ärgern sich über den neuen Standort.“

 

Ein paar Tage nach der Umfrage meldet sich Dagmar Aurenz bei uns und erzählt, dass am Samstag zwei Kollegen ihre Fahrzeuge beim Rausfahren beschädigt hätten. „Man muss mit dem Hänger bis zum Gehweg gegenüber fahren und darf erst dann einschlagen“, warnt die Markt- beschickerin, die mit ihrem Mann Steffen Aurenz seit 45 Jahren mit ihrem Obst- und Gemüsestand auf dem Möhringer Wochenmarkt zugange ist. Der neue Standort bereitet ihnen nur Kummer. Der Gipfel: Die Märkte GmbH habe dem Ehepaar nun – nach drei Abmahnungen – mit der Kündigung gedroht, wenn sie ihren Lkw nicht außerhalb des Platzes parken. „Würden wir ja gerne, aber wir kommen rein logistisch gar nicht mehr raus“, ärgert sich Dagmar Aurenz. Dazu kommt das enge, nicht coronakonforme Treiben vor dem Stand, die Menschen stehen teilweise bis raus auf den Gehweg. „Der einzige Vorteil ist die Idylle“, findet Beate Bräckle. Ansonsten sieht die Verkäuferin bei Aurenz nur Nachteile:„Der Boden ist uneben und rutschig, das merkt man sofort in der Hüfte und die Kunden rutschen aus.“ Heute sei auch weniger los als sonst und viele ihrer Stammkunden hätten bereits verlauten lassen: Bleibt der Markt hier im Spitalhof, würden sie gar nicht mehr auf den Markt kommen.

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