Eine Branche atmet auf

 

Die Osterferien stehen vor der Tür. Während die Bundesregierung zum Nichtreisen auffordert, ist die Reisewarnung für Mallorca aufgehoben. Wie wirkt sich dies auf die beiden Reisebüros in Möhringen aus?

 

Von Corinna Pehar

 

Eigentlich wollte Thomas Straube vom Möhringer Reisebüro 2020 sein 30-jähriges Firmenjubiläum feiern. „Doch das machen wir erst, wenn etwas Normalität einkehrt und die Menschen wieder reisen dürfen“, erklärt er. Das letzte Jahr war bitter für den Geschäftsmann: „Wir waren hauptsächlich mit Rückabwicklungen beschäftigt, konnten ein bisschen was verkaufen – unser Umsatz ist aber um 90 Prozent eingebrochen.“

 

Dank eigener Rücklagen, Kurzarbeit und staatlicher Überbrückungshilfen ist seine Existenz nicht bedroht. Wie geht es weiter? „In meinen Augen steht und fällt alles mit den Impfungen, über kurz oder lang sollte es einen EU-Impfpass geben“, stellt Straube klar. Seitdem die Reisewarnung für Mallorca aufgehoben wurde, spüre er eine deutlich steigende Nachfrage. „Die Menschen wollen wieder reisen, und das ist auch total nachvollziehbar.“ Er habe bereits einige Buchungen für Mallorca gemacht und geht davon aus, dass im April/Mai auch die Reisewarnung für Griechenland fallen werde.

 

Zweischneidiges Schwert

 

Dass jetzt jeder Urlauber auf eine Reiserücktrittsversicherung besteht, empfindet der Reisebüroleiter als „zweischneidiges Schwert“: „Einerseits verdienen wir am Ende trotz unserer Arbeit vielleicht nichts, andererseite hätte die Person ohne diese Möglichkeit erst gar nicht gebucht.“ Die meisten Veranstalter böten seit Kurzem auch sogenannte Flex-Pakete an, bei denen man Reisen auch ohne Grund 14 bis 31 Tage ohne Begründung stornieren könne.

 

Reiserücktrittsversicherungen spielen auch im Reisebüro der SSB Reisen eine sehr große Rolle. „Auch ein Großteil der Reiseveranstalter inkludiert attraktive Leistungen, um den Kunden Sicherheit und Flexibilität anzubieten“, erklärt Geschäftsführer Andreas Goedel. Auch bei ihm war das vergangene Jahr nicht einfach. „Praktisch über Nacht wurde alles auf den Kopf gestellt“, sagt Goedel, „Ging es zu Beginn noch darum, die Kunden aus ihren Urlaubsgebieten zurückzubringen, haben in der Folge Themen wie Kurzarbeit die Oberhand gewonnen.“ Im Grunde sei ein kompletter Wirtschaftszweig – und damit die Existenz vieler Menschen – weggebrochen. Seit nunmehr einem Jahr sei für alle Reiseunternehmen die Situation sehr schwierig und angespannt. Goedel: „Umso erfreuter sind wir, unseren Kunden aktuell wieder persönliche Beratung nach Terminabsprache anbieten zu können und nicht nur auf das Telefon angewiesen zu sein.“

 

Anfragen nehmen zu

 

Auch er und sein Team merken deutlich, dass viele Menschen lieber heute als morgen reisen möchten. „Erfreulicherweise haben die Anfragen in den letzten Wochen deutlich zugenommen, und wir sind zuversichtlich, dass wir unseren Kunden peu à peu mehr Reiseerlebnisse anbieten können“, verdeutlicht der Geschäftsführer. Aktuell seien insbesondere Pkw-Ziele wie Deutschland, Österreich oder Kroatien gefragt. Allerdings gebe es auch eine steigende Nachfrage für Flugziele im Mittelmeerraum, insbesondere für Spätsommer und Herbst. Und was ist mit Mallorca? Auch hier registieren sie eine erhöhte Nachfrage, jedoch gehe der Trend eher in Richtung Sommer, da viele Kunden die Infektionslage als „sehr volatil“ ansehen.

 

IHRE MEINUNG

Die Situation ist verzwickter denn je. Während die Bürger:innen dazu aufgefordert werden, keinen Urlaub zu machen, auch nicht im eigenen Bundesland, sitzen bereits die ersten Deutschen im Flieger nach „Malle“. Die Spanier selbst dürfen nicht auf die Ferieninsel und die Infiziertenzahlen steigen auch auf Mallorca wieder an. Auf der einen Seite herrscht großes Unverständnis, auf der anderen Seite kämpft die Reisebranche ums Überleben. Wie ist Ihre Meinung zum Thema Reisen in der Pandemie? Haben Sie Ideen, wie es funktionieren könnte? Schreiben Sie an redaktion@ amw-nussabaum.de

 

(Artikel aus Möhringen Aktuell, KW 13/2021)