Einst höfische Fasanerie

Seit 1961 besteht Möhringen offiziell aus drei Stadtteilen (Teil 2): Der Fasanenhof

 

Genauere Aufzeichnungen über menschliche Aktivitäten im Bereich der heutigen Fasanenhofsiedlung gibt es seit rund 300 Jahren. Anders als der Sonnenberg wurde das Gebiet jedoch erst 1940 der Verwaltung Möhringens unterstellt und 1959 offiziell dem Stadtbezirk zugeschlagen.

 

Von Sonja Mailänder

 

Danach wandelte sich das vormals landwirtschaftlich genutzte Areal innerhalb weniger Jahre in ein Wohngebiet. Erste urkundliche Erwähnung findet das Gebiet des heutigen Fasanenhofs im Jahr 1730, als Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg (1676–1733) auf der Gemarkung Kleinaichen in Echterdingen eine Fasanerie anlegen ließ. Sie sollte der Aufzucht und Vermehrung von Fasanen für die höfische Jagd dienen und wurde nach seinem Tod durch seinen Nachfolger Karl Alexander (1684–1737) und insbesondere dessen Sohn Herzog Carl Eugen (1728–1793) mit seiner späteren Gemahlin Franziska von Hohenheim (1748–1811) weiter vergrößert. 1783 entstand so ein zweistöckiges Lustschloss im Mansarden- Stil mit einem Park ringsherum. Unter Friederike Dorothea Sophia (1736–1798), der Gattin seines Bruders Friedrich Eugen (1732–1797), wurde dieser nochmals neu gestaltet und 1796 durch Aufstau des Hattenbachs ein künstlicher See geschaffen. Auf einer seiner zwei Inseln errichtete man eine Moschee, auf der anderen einen Tempel zu Ehren der Blumengöttin Flora, nach der das Gesamtensemble den Namen „Floride“ bekam. Außerdem wurde zu dieser Zeit auch das vier Kilometer lange „Fasanensträßle“ von Hohenheim hierher gebaut, das in seinem östlichen Verlauf bis heute besteht.

 

Sozialer Wohnungsbau

 

Nach dem Tod Friedrich Eugens ging der Fasanenhof im Jahr 1799 in Privatbesitz an den Stuttgarter Juristen Ludwig Heigelin (1775–1804) über, dessen Witwe das Gut 1805 an den Förster Hammer verkaufte. Danach wurde das Areal abgeholzt und stattdessen Äcker und Viehweiden angelegt. Später gehörte zu dem von nun an landwirtschaftlich genutzten Anwesen auch eine Käserei. 1854 wurde es an die königliche Hofkammer veräußert, die es von 1858 bis 1933 an die Zuckerfabrik Stuttgart für den Rübenanbau verpachtete. 1940 erwarb die Stadt Stuttgart das Areal, gemeindete es 1943 von Echterdingen ein und gliederte es 1959 Möhringen an. Im selben Jahr begann die Errichtung einer Siedlung, die ab 1961 vor allem jungen Familien, Ausländern und Sowjetzonen- Flüchtlingen rasch eine dauerhafte Unterkunft bieten sollte. Bereits bis Mitte der 1960er- Jahre war sie überwiegend fertiggestellt und auch bereits bezogen worden.

 

Einwohnerzahl wächst

 

Zwischen 1961 und 1965 stieg die Einwohnerzahl vorübergehend auf fast 9900 Menschen an. 1966 konnte die St. Ulrich- Kirche und ein Jahr später die Bonhoeffer-Kirche eingeweiht werden. Außerdem verfügte der Stadtteil unter anderem über eigene Kindertagesstätten, eine eigene Grundschule, ein Jugendhaus und ab 1968 mit der Errichtung des Europaplatzes über ein eigenes Geschäftszentrum. Bis Mitte der 1960er-Jahre wurde östlich des Wohngebiets auch der Bau der Bundesstraße B 27 beendet, die seither den Fasanenhof mit dem Zentrum Stuttgarts verbindet und auf deren Ostseite später das Gewerbegebiet entstand. Bis Ende 2010 wurde ferner ein Stadtbahnanschluss zum Möhringer Bahnhof geschaffen und bis 2015 der Europaplatz komplett neu gestaltet. Mit derzeit rund 6500 Einwohnern präsentiert sich der Fasanenhof heute als moderner Stadtteil mit vielen Grünflächen und guter Infrastruktur.

 

„Salute“ und die „Fasane“ werden bald 60

Prägend für den Fasanenhof sind neben seinen mehrgeschossigen Reihenhausblöcken insbesondere drei monumentale Hochhäuser. Die Grundsteinlegung für „Salute“ mit 21 Stockwerken und damals 152 Eigentumswohnungen erfolgte 1961. Es wurde 1967, vier Jahre nach seinem Bauabschluss, mit dem Paul-Bonatz-Preis ausgezeichnet und steht heute unter Denkmalschutz. 1964 folgte „Fasan I“, wo in 22 Etagen weitere rund 200 Familien eine neue Heimat fanden. Die zwischen 1964 und 1965 fertiggestellten 21-geschossigen Türme des „Fasan II“ gewannen 2013 nach einer umfassenden Sanierung und Modernisierung den Deutschen Bauherrenpreis.

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