Es hat Tränen gegeben

Der Liederkranz kann das Möhringer Kinderfest nicht mehr stemmen

 

Das 110. Möhringer Kinderfest war das vorerst letzte. Der Liederkranz wird die zweitägige Traditionsveranstaltung nicht mehr ausrichten können.

 

Von Emily Schwarz

 

Das liegt vor allem daran, dass einige der Hauptakteure inzwischen in die Jahre gekommen sind. „Diese eingeübten Organisatoren sind 70, 75, 80 Jahre alt – die können das nicht mehr stemmen“, sagt Xaver Beck, Liederkranz-Vorsitzender. Jeder von diesen fünf bis zehn Ehrenamtlichen verantwortete ein Fachgebiet, zum Beispiel das Verkehrsmanagement. Doch die gesundheitliche Belastungsgrenze sei erreicht. „Zwei Lkw voll Verkehrszeichen abzuholen, aufzubauen und zu schleppen, da macht die Bandscheibe ab einem gewissen Alter nicht mehr mit“, erläutert Beck. Die jüngeren Mitglieder des Liederkranzes könnten den Aufwand nicht stemmen – „denn die stehen mitten im Beruf oder in der Familienphase“, so der Vereinsvorsitzende. Beck hat ausgerechnet, dass Helfer und Vereinsmitglieder jedes Jahr etwa 2300 Stunden allein für das Kinderfest aufgebracht hätten. Auch die externe Vergabe kommt nicht infrage, denn die ist zu teuer. Würde der Liederkranz diese Aufgabe an einen Profi vergeben, würde das die Kosten mindestens verdreifachen. Doch rote Zahlen darf der Liederkranz, ein eingetragener gemeinnütziger Verein, nicht schreiben. Das Veranstalten von Festen steht nicht in der Satzung des Vereins und wird steuerlich als Wirtschaftsbetrieb behandelt. Würde der Verein durch das Fest Verluste machen, dürften keine Gelder aus dem Topf der Mitgliedsbeiträge dafür verwendet werden. Dass aufgrund des relativ hohen Kinderfest- Umsatzes der ganze Verein umsatzsteuerpflichtig wird, stellt auch deshalb eine Schwierigkeit dar, weil dadurch eine professionell aufgestellte Buchhaltung notwendig wird.

 

Rückzug und Aufeinandertreffen

 

„Es war ein langer Prozess, wir haben seit etwa zehn Jahren diskutiert, dass es so nicht weitergehen kann“, erzählt Beck. Im vergangenen Jahr hatte sich der Liederkranz deshalb an die Arbeitsgemeinschaft Möhringer Vereine gewandt und um Hilfe gebeten. Daraufhin halfen beim letzten Kinderfest zwar zehn bis 20 Mitglieder anderer Vereine wie dem Musik- und Bürgerverein aus. „Aber das fängt nicht die Organisation der Hauptakteure auf.“ Man habe lange nach einer nachhaltigen Lösung gesucht, die von Dauer wäre; Vereine und die Bezirksvorsteherin hätten viele Gespräche geführt. Doch der Aufwand, der nicht zuletzt auch durch viele Auflagen der Stadt zustande kommt, habe andere Vereine abgeschreckt. Überhaupt sei von der Stadt kaum Unterstützung gekommen – wenn, dann „wurde bestenfalls genehmigt“, klagt Beck. Auch in seiner Heimatstadt Hechingen sei das dortige Kinderfest vor dem Aus gestanden. Dann griff jedoch die Stadt ein und unterstützt seitdem das Fest mit einem jährlichen Fixkostenbeitrag; außerdem wurde ein spezielles Festkomitee gegründet. Doch in Stuttgart sieht der Vereinsvorsitzende hierfür keine Perspektive.

 

Ein weiterer Vorschlag, nämlich das Kinderfest auf nur einen Tag zu reduzieren, wurde ebenfalls verworfen. Beck dazu: „Dann haben wir dieselben Fixkosten, aber deutlich weniger Einnahmen.“ So musste der Liederkranz einen schweren Entschluss fassen. Auf der Hauptversammlung Ende März haben die Mitglieder beschlossen, dass der Liederkranz das Kinderfest nicht mehr veranstalten wird. „Es hat Tränen gegeben“, erzählt Beck, „aber es geht nicht mehr.“

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