Fabrikant und Familienvater

Vor 111 Jahren erbaute Berthold Probst in der Vaihinger Straße die „Villa Probst“

 

Um die Wende zum 20. Jahrhundert war Berthold Probst einer der einflussreichsten und angesehensten Unternehmer in Möhringen. Anfang der 1890er-Jahre hatte er die bereits bestehenden Anlagen einer Ziegelei am Westrand des Orts übernommen und ausgebaut. Daneben war er jedoch auch ein fürsorglicher Familienvater.

 

Von Sonja Mailänder

 

Berthold Probst wurde am 8. April 1866 in Ühlingen im Schwarzwald als jüngster Sohn des Landwirts Dionys Probst und dessen Frau Anna Maria geboren. Schon mit jungen Jahren zog es ihn jedoch in die Ferne. Anfang der 1890er-Jahre gelang es ihm, die Ziegelei westlich von Möhringen zunächst eigenständig zu führen, 1893 käuflich zu erwerben und zu einer für damalige Zeit modernen „Schamotte- und Tonwarenfabrik“ auszubauen.

 

In seiner ersten Zeit in Möhringen ereignete sich jedoch nicht nur in beruflicher Hinsicht viel für ihn: 1897 verlobte und vermählte er sich mit Anna Breuning, die aus einer angesehenen örtlichen Familie abstammte: Ihr Vater war Wirt des Gasthauses „Pflug“ und ihr Großvater und Urgroßvater waren Schultheißen gewesen. Es war eine Liebesheirat, aus der acht Kinder hervorgingen. 

 

Weltoffene Familie

 

Bereits im März 1898 kam die erste Tochter Alma zur Welt. Es folgten im Mai 1899 Helene, im November 1901 Margarete, im Dezember 1902 Annemarie, im Mai 1904 der einzige Sohn Berthold, im März 1909 Hilde und im September 1910 Gertrud. Im August 1912 wurde schließlich die jüngste Tochter Elselore geboren. Ermöglicht durch seinen unternehmerischen Erfolg zeigte sich Berthold Probst aufgeschlossen für alle technischen Neuerungen. So war er stolzer Besitzer eines Automobils, besaß als einer der Ersten in Möhringen einen eigenen Fernsprechanschluss und war telegrafisch für seine Geschäftspartner zu erreichen. Auch engagierte er sich in der Kommunalpolitik. In den Jahren 1911 bis 1919 war er Mitglied im Gemeinderat und im Jahr 1897 Mitbegründer des ersten Gewerbevereins in Möhringen, dessen Erster und später Zweiter Vorsitzender er wurde.

 

Ab dem Jahr 1910 wohnte die Familie Probst in einer nach den Plänen des Architekten Theurer aus Böblingen erbauten eigenen Villa in der Vaihinger Straße. Um das Gebäude wurde ein großer parkartiger Garten angelegt, in dem kunstvolle Keramikskulpturen und ein Brunnen aus eigener Produktion standen. Es war ein gastfreundliches offenes Haus, in dem oft Besucher, Freunde und Spielkameraden ein- und ausgingen. Berthold Probst hatte großes musisches Interesse und ließ seine Kinder unter anderem durch einen Klavierlehrer im Haus unterrichten. Auch ging er mit ihnen schon im Kindesalter häufig in Museen und animierte sie noch als Erwachsene zu Ausstellungsbesuchen.

 

Krankheit und Tod

 

1924 erkrankte Berthold Probst schwer und verstarb am 14. Juli 1925 im Alter von 59 Jahren. Er wurde auf dem Waldfriedhof in Stuttgart beigesetzt. Seine Frau Anna überlebte ihn um fast zehn Jahre, bis zum 11. März 1935. Mithilfe ihrer Kinder und deren Ehepartner führte sie den Ziegeleibetrieb nach dem Tod ihres Mannes noch neun Jahre lang weiter. Ihr einziger Sohn Berthold starb am 6. Juni 1944 im Zweiten Weltkrieg als Soldat in Frankreich. Alle sieben Töchter erreichten dagegen hohe Lebensalter.

 

(Artikel aus Möhringen Aktuell, KW 41/2021)

Zurück

Einen Kommentar schreiben