Fantasie – davon hat er reichlich

Der Möhringer Autor Peter Schmidt hat ein neues Buch geschrieben

 

„Die Wahrheit glaubt dir erstmal keiner“ heißt der neue Roman aus Peter Schmidts Feder. Im Gespräch erzählt der Möhringer, wie die Geschichte eines Dirigenten mit Nazi-Vergangenheit entstanden ist, was ihn inspiriert und warum Menschen ihn faszinieren.

 

Von Anke Bauer

 

Es klingt wie eine große Schatzkiste voll prägender Erfahrungen und Erlebnisse, schöner Geschichten und scharfsinniger Beobachtungen, wenn Peter Schmidt von seinem Leben und seinem Wirken erzählt. Der Möhringer Autor und Künstler hat sich erst spät der schreibenden und Bildenden Kunst gewidmet – begleitet hat sie ihn schon immer. „Schreiben ist eine wunderbare Möglichkeit, sich auszudrücken“, findet der 69-Jährige, der während seiner Berufszeit zwar immer auch geschrieben hat, doch das Literarische kam erst später hinzu, wie er erzählt. Angefangen mit biografischem Schreiben ging es über Kurzgeschichten bis hin zu Romanen – „es hat irgendwie elles naus müsse“, sagt Schmidt lachend. Im gemeinsamen Atelier mit seiner Frau Marlis G. Schill tobt er sich aber auch gerne mit Malerei, Druckgrafik, Holzschnitt und Radierungen aus. „Eine ganz andere Ausdrucksform als das Schreiben, aber eine ebenso friemelige Arbeit – das mag ich gerne“, erzählt Schmidt, der sich gerne in die Dinge „reinfuchst“ und es genießt, immer wieder andere Blicke auf seine Werke zu werfen. Tiefe und immer wieder andere Blicke auf die Dinge und auf die Welt charakterisieren das Leben des Autors und Künstlers: Als studierter Politologe, Historiker und Geograf, ehemaliger Gymnasiallehrer und pädagogischer Referent beim Landesmedienzentrum Baden-Württemberg, Kommunalpolitiker und ehrenamtlicher Sterbebegleiter schöpft Schmidt für seine Arbeiten aus einem riesigen Sammelsurium an Themen. „Ich bin kein Frustaussteiger, sondern habe immer wahnsinnig gerne gearbeitet – mir haben meine Tätigkeiten sehr viel gegeben“, erzählt er. Es sind sein waches Auge und Ohr, eigene Erlebnisse und reale Ereignisse, die Geschichten von Menschen und überhaupt die Welt um ihn herum, die den Autor inspirieren: „Ich höre und erlebe Dinge, die ich vielleicht anderweitig vermoschten kann.“ Das spiegelt sich auch in seinen Büchern wider: Den Startschuss für seinen kürzlich erschienenen Roman „Die Wahrheit glaubt dir erstmal keiner“ lieferten etwa fünf alte Briefe, die er auf einem Flohmarkt erstanden hat – allesamt von demselben Absender.

 

Der Quellenfetischist

 

„Das hat mich neugierig gemacht, als Historiker ist man nämlich auch immer Quellenfetischist“, sagt Schmidt mit einem Schmunzeln. Die Briefe stammten von einem Weltkriegsgefreiten, der von der Ostfront aus an seine Eltern schrieb – und den Schmidt kurzerhand zum Protagonisten seines Romans machte. „Es war unheimlich spannend, denn in den Briefen stellte sich heraus, dass die Mutter des Schreibers regimekritisch war, während der Vater dem eher indifferent gegenüber stand“, erzählt er. Als Kind der Kriegsgeneration habe ihn das Thema sehr angesprochen, „denn es ist typisch für uns zu fragen, wie es für die Menschen damals war und was wir in dieser Zeit getan hätten“, sagt er nachdenklich. Aus den Briefen und seiner eigenen Fantasie – „und davon habe ich reichlich“ – ist die Geschichte von Ferdinand Waginger entstanden: Der Sohn eines österreichischen Konditormeisters und seiner Frau wächst im Berlin der dreißiger Jahre auf, überlebt als Soldat durch glückliche Umstände den Weltkrieg, folgt seinen musikalischen Neigungen und beginnt eine Laufbahn als Dirigent – bis ihn seine NS-Vergangenheit eines Tages einholt. Zum Entstehungsprozess des Romans gehörte viel historische Recherche, es sind aber auch kleine Details aus den Briefen, die die Geschichte ausmachen: „Einmal schrieb er von seinem Faible für Tschaikowski – das hat mich inspiriert, ihn Dirigent werden zu lassen“, erklärt Schmidt. Der Autor, der selbst viel und gerne liest, beschreibt es wie einen Nukleus, um den er dann seine Fantasie kreisen lässt: „Ich habe mich auf eine Reise begeben und den Protagonisten losmarschieren lassen.“ Ähnlich war es auch bei seinem ersten Roman „Alaska Experience“ (2019). Inspiriert von der damals aktuellen politischen Debatte um Sterbehilfe und seiner eigenen Tätigkeit als Sterbebegleiter entspinnt sich eine Geschichte um einen selbstbestimmten Lebensweg – mit Augen für neue Perspektiven und die Dinge des Lebens. „Der Umgang mit Menschen und ihre Sicht auf das Leben gehören für mich zu den spannendsten Dingen, die es gibt“, erklärt Schmidt, „das ist zwar nicht immer einfach, aber immer lehrreich.“ Dieser weise Blick scheint das Leben von Peter Schmidt geprägt zu haben, das er weiterhin so verbringen will wie es bereits immer für ihn war: glücklich und friedvoll. Eine große Schatzkiste. Mehr über das Schaffen von Peter Schmidt gibts auf www.möma-atelier.de

Zurück

Einen Kommentar schreiben