Lernen wie auf dem „Verkehrsübungsplatz“

Am 4. Mai wurde der Schulunterricht schrittweise wiederaufgenommen

 

Die Corona-Krise ist längst nicht überwunden. So kann der lange Weg zurück in unseren gewohnten Alltag nur mit höchster Vorsicht und Schritt für Schritt begangen werden. Dieser Grundsatz gilt auch für den Schulbetrieb, der Anfang Mai in eingeschränktem Umfang wiederaufgenommen wurde, und dies auch nur für Abschlussklassen. Wie genau, zeigen die Beispiele Königin- Charlotte-Gymnasium (KCG) in dieser und Anne-Frank-Gemeinschaftsschule (AFGS) in unserer Juni-Ausgabe.

 

VON DANIEL STOLL

 

„Hurra, hurra, die Schule brennt“ heißt ein bekannter Hit der Band Extrabreit aus dem Jahr 1980. Während er sich seinerzeit besonders bei Pennälern großer Beliebtheit erfreute ob der Aussicht auf schulfrei, sind 40 Jahre später viele Schüler – und nicht zu vergessen deren Eltern – sogar froh, wenn sie nach wochenlanger erzwungener Abstinenz endlich wieder die Schulbank drücken dürfen.

 

Und das auch nur unter höchs ten Sicherheitsvorkehrungen: „Klar ist, dass der Infektionsschutz immer Vorrang haben muss“, kommentiert Kultusministerin Susanne Eisenmann die ersten behutsamen Schritte zu mehr schulischer Normalität. Ein Grundsatz, nach dem in den Bildungseinrichtungen streng und gewissenhaft gehandelt wird. „Bei uns sieht es neuerdings aus wie auf dem Verkehrsübungsplatz“, schmunzelt Andrea Funke-Fuchs, Leiterin des KCG, über den neuen „Look“ ihres Schulgebäudes, dessen Inneres nunmehr von Einbahnstraßen, Schildern und Markierungen dominiert wird. Türen dürfen nur entweder als Ein- oder Ausgang benutzt werden, Treppen nur in eine Richtung und Flure nur an den äußeren Rändern begangen werden. In den Toiletten dürfen sich höchstens zwei Personen zur gleichen Zeit aufhalten, Aufenthaltsräume wie Aula oder Mediathek sind ganz tabu. Darüber hinaus gelten natürlich die üblichen Verhaltensregeln wie gründliches Händewaschen, Niesen und Husten in die Armbeuge sowie Einhalten des Mindestabstands. Eine Mund-Nasen-Bedeckung wie in Bussen und Bahnen sowie in Geschäften ist zwar nicht vorgeschrieben, kann aber freiwillig getragen werden. Vorerst können allerdings nur die Jahrgangsstufen 1 und 2, die ab 18. Mai beziehungsweise im kommenden Jahr ihre Abitursprüfungen ablegen, den gewohnten Unterricht besuchen – und auch nur in kleinen Lerngruppen.

 

Vorbildlich selbstständig

 

Die Prüfungsvorbereitungen mittels Videokonferenzen und Lernplattformen haben sich nach Einschätzung von Schulleiterin Funke-Fuchs bewährt: „In dieser neuen Situation haben sich die Schüler unterschiedlich entwickelt. Alles in allem waren sie unglaublich selbstständig beim Lernen und im Umgang mit der Technik.“ Was Letzteres betriœ t, hatten Schüler und Lehrer anfangs durchaus mit Startschwierigkeiten durch eine zeitweise Überlastung der Lernplattform Moodle zu kämpfen, was zum Glück innerhalb weniger Tage größtenteils behoben war. „Die älteren Schüler kommen mit der schwierigen Situation besser zurecht. Sorgen bereiten mir die jüngeren“, schildert Funke-Fuchs ihren Eindruck. Diese dürfen nach dem Stufenplan des Landes ab 15. Juni wieder wechselseitig zum Unterricht. „Wir alle müssen uns vorsichtig wieder herantasten an den normalen Präsenzunterricht und dürfen das Lernen nicht verlernen“, so Funke-Fuchs und spricht ein großes Lob aus: „Dass Homeschooling so gut funktioniert, ist dem großen Engagement der Eltern und Lehrer zu verdanken.“

 

Was ist mit Kitas?

Nach dem jüngst vorgelegten baden-württembergischen Stufenplan dürfen Kindergärten und Kindertagesstätten ab 18. Mai für zunächst bis zu 50 Prozent der Kinder schrittweise wieder öœ nen (s. Seite 6). Für kleine Kinder ist die lange soziale Isolation besonders schwerwiegend. Deren Eltern haben Anspruch auf Entschädigung, wenn sie wegen Schließungen nicht mehr zur Arbeit können.

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