Möhringens erste Bauern

Bereits in der Jungsteinzeit ließen sich erstmals dauerhaft Menschen nieder

 

Zwar sind aus Möhringen keine spektakulären Befunde bekannt, wie sie zuletzt beispielsweise in Leinfelden bei Rettungsgrabungen zutage kamen. Jedoch haben archäologische Untersuchungen im letzten Jahrhundert gezeigt, dass hier von einer ebenso langen Besiedlungsgeschichte ausgegangen werden kann.

 

Von Sonja Mailänder

 

Belegt werden kann dies insbesondere durch Funde, die bei Bau- und Kanalisationsarbeiten zutage traten. So konnte in den 1930er-Jahren Rudolf Weißer, der damalige Museumspfleger des „Hauses der Heimat für die Filder“ im Spitalhof, in der Flur Rosenwies/Bühl – wo kurz darauf die „neue“ Parksiedlung entstand – eine größere jungsteinzeitliche Siedlung nachweisen. Heute kaum merklich, erstreckt sich dieses Gebiet über eine sanfte Anhöhe, die vom Aischbach umflossen wird. Bevor die ersten Menschen hier sesshaft werden konnten, war sie vollständig von Wald bedeckt, der zunächst abgeholzt werden musste.

 

Archäologische Befunde

 

An den Rändern der Gräben, die für die Verlegung von Gas- und Wasserleitungen für die Parksiedlung ausgehoben wurden, entdeckte Rudolf Weißer dunkle Verfärbungen, die er akribisch kartierte und untersuchte. Dabei fand er neben Feuersteinwerkzeugen, Holzkohle, gebrannten Lehmstückchen und Herdsteinen auch einige grob gebrannte Gefäßscherben mit charakteristischem Strich- und Spiralmuster, die ihm einen Hinweis auf das Alter der Gegenstände lieferten. Gefertigt wurden derart verzierte Behältnisse von den sogenannten Linearbandkeramikern, der ersten bäuerlichen Kultur der Jungsteinzeit in Mitteleuropa ab etwa 5500 v. Chr.

 

Überreste der für diese Zeit typischen Langhäuser wie etwa in Reihen angeordnete Pfostengruben konnte Weißer allerdings nicht nachweisen. Dies mag jedoch auch daran liegen, dass ihm keine flächenhafte Ausgrabung möglich war, sondern er auf zufällige Aufschlüsse in den Rohrgräben angewiesen war. Die hier auftretenden dunklen Verfärbungen interpretierte er als Wohn- und Abfallgruben. Wohngruben gehörten zu Grubenhäusern, die nicht ebenerdig betreten werden konnten, sondern deren Sohle in den Untergrund eingetieft war. Über diese Erdgrube wurde ein auf Pfosten gestütztes einfaches, mit Stroh oder Riedgras gedecktes Dach gebaut. Nach der späteren Aufgabe der Häuser verfüllten sich die Gruben nach und nach mit umliegendem Bodenmaterial, wobei Siedlungsreste wie Keramikscherben oder Holzkohle eingemischt wurden.

 

Weitere Fundstellen

 

Eine weitere bandkeramische Niederlassung konnte von der Bodendenkmalpflege des Landesdenkmalamts 1978 in der Flur Brand im Gebiet Rübezahl-/Dornröschenweg untersucht werden. Auch hier fanden sich Gruben, aus denen charakteristisch verzierte Keramikscherben und Steinwerkzeuge geborgen werden konnten – außerdem Tierknochen, Mahlsteine und Getreidereste. Jungsteinzeitliche Siedlungsreste wurden auch in der Flur Fleckenäcker nördlich der Bahnlinie in Sonnenberg, in der Flur Sindelbach westlich des Ortskerns sowie südwestlich des Freibads in der Flur Fessler gefunden.

 

Ein frühes Siedlungsgebiet

 

Die Filder, auf denen Möhringen liegt, zählen zu den ersten dauerhaft besiedelten Gebieten Südwestdeutschlands. 

 

Voraussetzung hierfür boten neue Methoden der Nahrungsbeschaffung in Form der Haustierhaltung sowie des Anbaus und der Züchtung von Getreidesorten – Systeme, die im 8. und 7. Jahrtausend v. Chr. erstmals im Vorderen Orient und Nordafrika entwickelt worden waren und über den Donauraum nach Mitteleuropa gelangten. Sie erforderten eine Rodung der natürlichen Wälder, statt derer man Felder anlegte und beständige Dörfer errichtete. Gerade die Filderebene mit ihren tiefgründigen nährstoffreichen Lössböden und ihrer guten Wasserverfügbarkeit bot hierzu ausgezeichnete Bedingungen. Für den Anbau wirkten sich außerdem die relativ milden Temperaturen und die günstigen Niederschlagsverhältnisse positiv aus.

 

Auch war Lösslehm zur Herstellung von Keramik sowie als Verputz für die Flechtwände der Häuser sehr gut geeignet 

 

(Artikel aus Möhringen Aktuell, KW 39/2021)

 

 

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