Möhringer »Bergwind«

Die Filder haben auch eine Bedeutung für das Stadtklima

 

Der globale Klimawandel hat begonnen und er kann nicht mehr vollständig aufgehalten werden. Auch bei uns nehmen Wetterextreme zu. Hitzewellen und Dürren wie im Sommer 2015 sind Zeichen für heftige Auswirkungen des Klimawandels. Auch deshalb sollen die Frischluftschneisen in die Innenstdt erhalten und nicht verbaut werden. Eine davon veläuft westlich von Möhringen.

 

Von Klaus Grundgeiger

 

Es war auch schon mal ganz schlimm in Stuttgart. So schrieb Nikolaus Lenau, der größte österreichische Lyriker seiner Zeit, 1844 voller Ekel an seine Freundin Sophie Löwenthal aus der Hauptstadt des Königreichs Württemberg:

»Verdammtes Kloakental! Die Luft ist zwischen diesen fleißigen und abgeschwitzten Weinbergen so dumpf und matt, so verbraucht und beschmutzt, als wäre sie durch meilenlange Windungen von Eingeweiden hindurchgegangen, ehe man sie in Nase und Lunge bekommt. O meine Nerven! Mein unglückseliges Sonnengeflecht! Ich schnappe nach Gebirgsluft wie ein Spatz unter der Luftpumpe. Wer mit Gemsen eine Luft getrunken, atmet nicht behaglich bei den Unken. In vielen der hiesigen Straßen riecht es am Ende – auch lenzhaft, nämlich pestilenzhaft. Und die guten Stuttgarter merken das gar nicht; süß duftet die Heimat.«

Nun galt Lenau zwar in der Literatur als ein Formulierer des Weltschmerzes. Aber man tut gut daran, sich der Situation der Stadt anno dazumal zu erinnern, wo doch heute allenthalben höchst pessimistisch von Klimawandel und Klimaschutz, von Treibhausgasen und Luftreinhalteplan die Rede ist.

 

Wichtige Funktion für die Innenstadt

 

Seit Jahrzehnten bemüht sich die Stadt, das lokale Klima zu schützen und sich dem weltweiten Klimawandel anzupassen. Zu den vielfältigen Maßnahmen gehört unter anderem die Sicherung wichtiger Frischluftschneisen und Luftaustauschbahnen. Und hier kommt auch Möhringen ins Spiel.

 

Denn eine wichtige Durchlüftungsbahn für Stuttgarts City verläuft zwischen Vaihingen und dem Rohrer Weg in Möhringen. Sie führt hinunter ins Nesenbachtal, das einen natürlichen Grünzug durch die Innenstadt bildet.

 

Der Freiraum zwischen Möhringen und Vaihingen hat eine wichtige Funktion für das Klima in der Stuttgarter Innenstadt. So liefern die Freiflächen einen Teil der Kaltluft, die den sogenannten Bergwind des Nesenbachtales speist. Die starke Abkühlung der Freiflächen um Möhringen ist durch Messungen belegt, ebenso der nächtliche Kaltluftfluss Richtung Kaltental. Die Auswertung dieser Daten ist auch in die städtebauliche Planung, beispielsweise in den Flächennutzungsplan, eingegangen.

 

Da der sich an der Hangkante zum Nesenbachtal entwickelnde nächtliche Kaltluftabfluss als eine notwendige Voraussetzung für die Existenz der Frischluftschneise Nesenbachtal gilt, erfordert es die Funktion dieses Teils der Filderlandschaft, lufthygienische Belastungen mit Rücksicht auf den zur Innenstadt gerichteten Luftaustausch zu minimieren.

 

Stadtklimatologen wehren sich gegen Überbauung

 

Die Stuttgarter Stadtklimatologen beharren aus all diesen Gründen auch heute noch auf ihrer nachhaltigen Forderung, die „Grünzäsur“ zwischen Möhringen und Vaihingen nicht durch Bebauung zu zerstören.

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