Retter des Heimatmuseums

Vor 50 Jahren starb Rudolf Weißer – ein passionierter Heimatkundler der Filder

 

Älteren Möhringern dürfte der langjährige Pfleger des Heimatmuseums noch gut in Erinnerung sein. Er betreute und erweiterte die Sammlung von 1939 bis 1955 und brachte sie durch die Wirren des Zweiten Weltkriegs. Daneben war Rudolf Weißer jedoch unter anderem auch selbst erlernter Geologe, Paläontologe, Bodenkundler, Astronom und Archäologe.

 

Von Sonja Mailänder

 

Rudolf Weißer wurde am 6. November 1878 in Stuttgart geboren. Nach dem Besuch der Friedrich-Eugens-Realschule ab- solvierte er zunächst eine Ausbildung in der Handelsschule des Kaufmännischen Vereins, mit deren Abschluss er ab 1900 beim „Stuttgarter Verein Versicherungs-AG“, der späteren „Allianz-Versicherungs-AG“, tätig war. Daneben befasste sich Weißer jedoch schon von Jugend an mit der Erforschung der näheren Umgebung seines Wohnorts Degerloch. So sind ihm wichtige Entdeckungen und Funde sowie zahlreiche Bodenuntersuchungen und geologische Gutachten vor allem aus Stuttgart und dem Filderraum zu verdanken. Bereits 1902 und 1903 konzipierte Weißer zwei Orientierungstafeln für den Stuttgarter Verschönerungsverein und 1906 erschien im„Filderboten“ sein erster Artikel, der vom „Schwefelregen“ handelte. In der „Gazette Astronomique“ veröffentlichte er 1910 seine Observationen von Meteoren. Ferner erschien 1911 sein Aufsatz über das damalige Erdbeben und 1912 über den Nachweis einer Verwerfung im Bereich der Reinsburgstraße im „Stuttgarter Neuen Tagblatt“. Im gleichen Jahr erhielt er einen Preis des „Kosmos-Verlags“ für seine mikroskopischen Untersuchungen.

 

Museumspfleger

 

Über die „Möglichkeit einer Alpenfernsicht von den Fildern aus“ berichtete er im Jahr 1914, und 1919 referierte er über die „Funde im Untergrund des Stuttgarter Waisenhausplatzes“. Nach seinem vierjährigen Militärdienst im Ersten Weltkrieg, während dem er sich eine Herznervenentzündung zuzog, kündigte Weißer seine Arbeitsstelle und widmete sich von nun an voll und ganz seinen wissenschaftlichen Interessen. Zum Teil im Auftrag des Staatlichen Amts für Denkmalpflege untersuchte er bei Straßen- und Häuserneubauten das Gelände archäologisch, wobei er zahlreiche vor- und frühgeschichtliche Funde machte. So entdeckte er beispielsweise im Jahr 1939 diverse jungsteinzeitliche Siedlungsreste im Bereich der damals im Bau befindlichen Parksiedlung in Möhringen und kartierte bei seinen vielen Wanderungen in der weiteren Umgebung Degerlochs Grabhügel. Bereits 1929 erschien sein Buch „Denkmale der Filder aus vergangenen Tagen“. Schließlich widmete sich Weißer als Nachfolger von Kurt Gläsche maßgeblich der Gestaltung des Heimatmuseums in Möhringen, dessen Pfleger er von 1939 bis 1955 war. Insbesondere brachte er die Sammlung auch vor den Fliegerangriffen des Zweiten Weltkriegs in Sicherheit und baute sie danach mit großer Sorgfalt im einstigen Wohnhaus des Spitalhofs wieder auf. Dank seines großen Engagements konnte das Museum schon 1951 wiedereröffnet werden. Allerdings wurde das Gebäude bereits 1954 als baufällig eingestuft, weshalb Weißer die Bestände fast als letzte Amtshandlung erneut zusammenpacken und in einem Stall magazinieren musste. Nach dem Zweiten Weltkrieg folgten auch weitere geologische Gutachten im Zuge von Bauvorhaben. Außerdem stellte er 1946 für das Tiefbauamt ein „Verzeichnis der bau- und heimatgeschichtlich wichtigen Denkmäler in Stuttgart“ zusammen.

 

Auszeichnung

 

Für seine außerordentlichen Leistungen wurde Rudolf Weißer anlässlich seines 80. Geburtstags 1958 das Bundesverdienstkreuz verliehen. Nachdem er den größten Teil seines Nachlasses bereits 1957 dem Stadtarchiv überlassen hatte, übergab er den Rest einige Monate vor seinem Tod am 26. Dezember 1970. Er enthält neben seinem Tagebuch aus dem Ersten Weltkrieg zahlreiche heimatkundliche und geologische Aufsätze und Skizzen. Noch heute erinnert der Rudolf-Weißer-Weg in Möhringen an den langjährigen Heimatforscher und Museumspfleger.

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