Sprung in die Tiefe

Profi-Fallschirmspringer Klaus Renz lebt seine Leidenschaft

 

In Möhringen gibt es einen Mann, der sich regelmäßig in den freien Fall begibt. Über allen fünf Kontinenten ist er bereits abgesprungen, und nicht mehr lange, und er macht seinen 7000. Sprung voll. Trotzdem ist der Profispringer keineswegs abgehoben, sondern bodenständig geblieben.

 

Von Raffaela Renz

 

»45 Sekunden lang im freien Fall bei 200 km/h – dieses Gefühl, bevor ich die Reißleine ziehe und sich der Fallschirm öffnet, ist einfach unbeschreiblich«, schwärmt Klaus Renz von dem, was er seit 31 Jahren macht und von dem er einfach nicht genug bekommen kann. Dabei hat alles ganz harmlos angefangen. Fallschirmspringen ist kein Hobby, das in der Familie des gebürtigen Möhringers Tradition hatte. Deswegen war die Überraschung auch groß, als sich der damals 16-Jährige 1984 völlig unerwartet mit dem Virus Fallschirmspringen infizierte. Ein Nachbar hatte so davon erzählt, dass Renz es auch unbedingt mal selbst ausprobieren wollte. Es kostete dann auch einige Überredungskunst, um die Eltern davon zu überzeugen, den Jungen springen zu lassen. »Die Hoffnung war wohl, dass ich dann Ruhe gebe«, erinnert sich Renz.

 

Spektakuläre Orte

 

Doch nach seinem ersten Sprung hatte er erst richtig Blut geleckt: Mit 17 machte er seine Fallschirmausbildung, und seither springt er. Zunächst nur zum Vergnügen, ziemlich schnell dann aber professionell. An zahllosen Wettbewerben hat er seitdem teilgenommen, und das meist mit großem Erfolg: Immer wieder kommen für den Weltmeister, Weltrekordhalter und Guinessbuch-Rekordinhaber neue Titel hinzu, dabei liegt darin keineswegs seine Hauptmotivation. Zu den klassischen Fallschirmsprüngen aus dem Flugzeug heraus kam irgendwann auch Base-Jumping hinzu, wobei man von hohen Gebäuden, Brücken oder Felsenwänden springt. Wer sich selbst mal in die Tiefe stürzen möchte, für den bietet Renz seit vielen Jahren auch Tandemsprünge an, außerdem kann man ihn für Veranstaltungen buchen.

 

Sein Stamm-Sprungplatz liegt in der Südpfalz, aber bei Bedarf reist er auch an den Ort der Wahl. Rund 200 Mal pro Jahr stürzt er sich in den Abgrund, ganz besonders freut er sich dabei auf Sprünge, die das Sahnehäubchen darstellen: Sprünge an außergewöhnlichen oder spektakulären Orten auf der ganzen Welt. Von den damals höchsten Türmen der Welt, den Petronas Towers in Malaysia, ist er abgesprungen, über den höchsten Wasserfällen der Welt, den Angel Falls in Venezuela, in Äthiopien – sogar der Nordpol zählt dazu. »Das Springen ermöglicht mir unglaubliche Erfahrungen an Stellen, an die ich sonst nie gelangen würde«, erzählt Renz begeistert von seinen Erlebnissen. Auch ein Sprung mit Landung im Innenhof eines berüchtigten Gefängnisses in Medellin in Kolumbien war einmal geplant, wurde von den Veranstaltern aber im letzten Moment abgesagt. »Sie hatten kalte Füße bekommen, es war wohl doch zu gefährlich«, vermutet Renz.

 

Sicherheit an erster Stelle

 

In drei Jahrzehnten Fallschirmspringen mit manch spektakulärer Aktion hat sich der Sprungprofi übrigens nur ein einziges Mal verletzt und sich das Sprunggelenk gebrochen. Dies ist eindeutig seiner Erfahrung und Vorsicht geschuldet, denn Renz hält nichts von waghalsigen Himmelfahrtskommandos. »Ich achte genau darauf, unter welchen Bedingungen ich springe. Schließlich möchte ich unbedingt noch lange damit weitermachen. Nach all der Zeit ist es jedes Mal immer noch ein Wahnsinnsgefühl, das möchte ich auf keinen Fall aufs Spiel setzen«, sagt Renz.

 

Die meisten der Spezialsprünge, die einmal auf seiner Wunschliste standen, hat er übrigens schon realisiert. Nur einer sollte irgendwann noch Wirklichkeit werden: ein Sprung über dem Südpol. »Das möchte ich unbedingt noch hinbekommen«, hofft Renz. Bis dahin freut er sich aber erst mal auf die nächsten 7000 Sprünge.

Zurück

Einen Kommentar schreiben