Stauden- und Dahlienzüchter

Gebrüder Ernst betrieben am Westrand Möhringens zwei Gärtnereien

 

Bis heute erinnern Reste einer Mustergartenanlage sowie das dazugehörige Wohnhaus an der Friedrich-List-Straße an die einst ausgedehnten Pflanzbeete, die sich noch bis Mitte des 20. Jahrhunderts zwischen Möhringen und Vaihingen erstreckten. Beide dort ansässigen Gärtner-Brüder erlangten für ihre Zuchterfolge große Anerkennung.

 

Von Sonja Mailänder

 

Adolf Ernst wurde am 29. Juli 1877 als Sohn von Gottlieb Ernst, einem Kunst- und Handelsgärtner, und Berta Ernst, geborene Löwe, in Stuttgart geboren. Als 22-Jähriger reiste er im Januar 1900 nach Kiew im damaligen Russland, wo er bei der Staudengärtnerei und Baumschule von Karl A. Meyer eine Stelle als Obergärtner antrat. Damit wurde ihm eine hohe Verantwortung und anspruchsvolle Tätigkeit übertragen, die starke Eindrücke bei ihm hinterließ und seine weitere berufliche Laufbahn stark prägen sollte. Während seiner Rückreise nach Stuttgart ab dem Frühsommer 1901 besuchte er außerdem Odessa, die Halbinsel Krim, Charkow, Moskau, Petersburg, Helsingborg, Stockholm, Kopenhagen und Kiel.

 

Umzug nach Möhringen

 

Aus diesen Erfahrungen schöpfend gründete Adolf Ernst im Jahr 1902 am Kräherwald bei der Feuerbacher Heide eine eigene Staudengärtnerei. Sein Ziel war es, auch in Süddeutschland die Zucht von Blütenstauden voranzutreiben, und diese, wie bereits in nördlichen Landesteilen und insbesondere in England der Fall, dadurch weiter zu verbreiten. Da in einem Garten jedoch neben Stauden auch mehrjährige Gewächse wie Blütensträucher, Rosen, Schlingpflanzen und Nadelhölzer nicht fehlen sollten, erweiterte er seinen Betrieb auch um winterharte Zierpflanzen. Aufgrund der eingeschränkten räumlichen Ausdehnungsmöglichkeiten verlegte Adolf Ernst seine Gärtnerei 1910 nach Möhringen. Vom Architekten Gustav Widmann ließ er dort in der späteren Ernsthalde, nahe dem damaligen Ortsrand zu Vaihingen, eine Villa errichten. Um das Gebäude gestaltete er einen großen Mustergarten mit Stauden und winterharten Zierpflanzen. Das Geschäft florierte im wahrsten Sinne des Wortes, und in manchen Jahren waren hier bis zu 15 Angestellte und Arbeiter beschäftigt. Dank seiner hochqualitativen Produkte und zahlreicher Auszeichnungen, die er bei Gartenbauausstellungen dafür bekam, errang seine Gärtnerei internationales Ansehen. Auch hielt er als Vorsitzender des Württembergischen Gärtnereiverbands Vorträge in Berlin.

 

Noch vor der Eingemeindung Möhringens und Vaihingens nach Stuttgart 1942 und der Neuabgrenzung der Stadtbezirke 1956 gab Adolf Ernst seinen Betrieb dort allerdings 1938 wieder auf. Seine danach in Dettenhausen zwischen Waldenbuch und Tübingen neu aufgebaute Gärtnerei führen seine Erben bis heute weiter. Er selbst verstarb dort am 13. Januar 1959. Auf heute Vaihinger Gemarkung blieben jedoch Teile des Mustergartens sowie die dazugehörige Villa bestehen. In ihrer Umgebung wurden zahlreiche weitere Wohnhäuser gebaut und auf der gegenüberliegenden Seite der Stadtbahngleise entstand in den letzten Jahrzehnten das Gewerbegebiet im Dürrlewang.

 

Eine weitere Gärtnerei Ernst

 

Etwa 1920 kam auch Adolf Ernsts jüngerer Bruder Hermann nach Möhringen und legte östlich neben dessen Anwesen eine eigene Gärtnerei an, die sich später insbesondere auf die Dahlienzucht spezialisierte. Ihre „Blütezeit“ erlebte diese unter Hermanns Sohn Werner Ernst in den 1950er- und 60er-Jahren. Mit dem Ausbau der Vaihinger Straße Anfang der 1970er-Jahre musste jedoch auch dieser Betrieb weichen und zog nach Herrenberg um. Mitte der 1980er-Jahre wurden an seiner Stelle das „Züblin-Haus“ sowie weitere mehrstöckige Bürogeb.ude errichtet. Von den einstigen Pflanzbeeten zwischen Möhringen und Vaihingen ist bis heute nur ein schmaler, von der Baumschule Hörmann genutzter Streifen verblieben. Ebenso sind die im Frühjahr prächtig blühenden Birnbäume verschwunden, die die Vaihinger Straße einst säumten. Seit dem Jahr 1999 durchschneidet außerdem die Trasse der Nord-Süd-Straße das Gelände.

 

 

(Artikel aus Möhringen Aktuell, KW 51/2021)

Zurück

Einen Kommentar schreiben