„Testen, auswerten, anpassen“

Digitale Medien im Unterricht – Praxis oder nur Theorie an Möhringer Schulen?

 

Zwei Monate ist es her, dass die Kultusminister der Länder mit der Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ technische Medienkompetenzen der Schüler als Bildungsziel verankert haben. Doch wie sieht die Praxis aus? Sind die Schulen überhaupt bereit für digitales Lernen? Wir haben in Möhringen nachgefragt.

 

Von Emily Schwarz

 

in der Anne-Frank-Gemeinschaftsschule und Realschule (AFGRS) hat sich in den vergangenen Jahren einiges getan, was die Ausstattung mit digitalen Medien angeht. „Wir sind sehr stolz darauf, dass inzwischen in fast allen Klassenzimmern digitale Whiteboards die klassischen Schiefertafeln ersetzen“, sagt Konrektor Ulrich Mittnacht. Diese sind mit Beamern ausgestattet und können Inhalte aus dem Internet auf die „Tafel“ projizieren. Außerdem gibt es in der AFGRS keinen gesonderten Computerraum mehr. Stattdessen arbeiten die Lehrer in verschiedenen Schulfächern seit ein paar Jahren mit einem portablen Laptopwagen. „Das hat den Vorteil, dass Laptops für Gruppen-, aber auch für Einzelarbeiten verwendet werden können“, sagt Konrektor Mittnacht. Nachteil: Der vorgegebene Schlüssel von 10 : 1, also ein Laptop pro zehn Schüler, ist zu gering, um ausreichend Laptops anschaffen zu können. So hat immer nur eine einzige Klasse die Möglichkeit, mit den mobilen Rechnern zu arbeiten.

 

Drängen auf Anpassung der Lehrerausbildung

 

Aber nicht nur an der Laptopmenge mangelt es. „Das Thema digitale Medien muss mehr in der Lehrerausbildung verankert werden“, so Mittnacht. Und ist damit nicht allein: Auch für Benjamin Köhler, als Abteilungsleiter unter anderem für den Bereich des Mediencurriculums am Königin-Charlotte-Gymnasium zuständig, sind ständige Fortbildungen ein wichtiger Grundstein. Davon kann auch die Schulleiterin der Freien Evangelischen Schule (FES), Carmen Behling, ein Lied singen. Entgegen den Vorgaben hat die FES deshalb das Fach Informatik für jüngere Klassen wieder eingeführt. Eigentlich sollte es integrativ – also im Zusammenhang mit anderen Schulfächern wie Geschichte oder Erdkunde – unterrichtet werden. Da aber nicht jeder Lehrer fit im Thema sei und es deshalb zu kurz gekommen sei, führte Behling IT für die Klassenstufen 5 und 6 wieder ein. Darin vermitteln technikaffine Lehrer ihren Schülern Basics in Sachen PC. „Im Grunde ist es so mit allem, was den Bereich der neuen digitalen Technik angeht: ausprobieren und auswerten, dann anpassen.“

 

An der FES werden seit einiger Zeit Klassenzimmer und Fachräume mit interaktiven Beamern ausgestattet. Den Schülern stehen zwei Computerräume, drei Laptopwagen und einzelne Workstations in den Klassenräumen zur Verfügung. Ab Frühjahr/Sommer wird der WLAN-Ausbau abgeschlossen sein, sodass höhere Klassen mit Laptops werden arbeiten können.

 

KCG: digitale Medien sind fester Bestandteil

 

„Am Königin-Charlotte-Gymnasium (KCG) kommen digitale Medien seit einigen Jahren zur Unterstützung des Unterrichts zum Einsatz“, sagt Köhler. Beispielsweise im Naturwissenschafts-, Technik- und Informatikunterricht gehören sie durch die Programmierung bei der Einführung in die Robotik zum Unterrichtsalltag. Den Schülern stehen zwei Computerräume, mobile Workstations, Tablets, Beamer und interaktive Tafeln zur Verfügung. Das Thema spiele nicht nur in den einzelnen Fächern eine Rolle, sondern bekomme mit den Kursen zur Medienbildung in Klasse 5 und Informatik in Klasse 7 eigenständige Unterrichtsbereiche zugeschrieben. „Natürlich bringt das neue Anforderungen an die technische Infrastruktur mit sich“, sagt Köhler. „Deshalb liegt unser Fokus auch auf der Planung der Modernisierung und Erweiterung der IT-Infrastruktur.“

 

Potenzielle Gefahren bannen

 

Die Lehrer wissen aber auch: Digitalisierung ist nicht nur eitel Sonnenschein. „Social-Media- Plattformen lösen zwischen den Schülern viele Konflikte aus“, sagt Behling. Um mit der Social- Media-Problematik adäquat umzugehen, hat die FES beispielsweise mit der Polizei zusammengearbeitet. Polizisten kamen in die Klassen und klärten die Schüler auf. Auch für die Eltern boten die Schulen spezielle Elternabende zum Thema an.

 

Mittnacht, Köhler und Behling sind sich einig: „Wir arbeiten daran, dass unsere Schüler die Möglichkeiten neuer Medien produktiv nutzen können und lernen, kritisch und reflektiert mit potenziellen Gefahren umzugehen.“ Doch die nötige Infrastruktur und die Ausbildung der Lehrer hinkem hinterher.

 

 

Hintergrund

Die Kultusminister aller 16 Länder beschreiben in ihrer Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ Handlungsfelder für Länder, Bund, Kommunen und Schulträger sowie Schulen. Alle Schüler, die zum Sommer 2018 eingeschult werden, sollen während ihrer Schulzeit entsprechende Kompetenzen erwerben. Diese Kompetenzen sollen integrativer Teil aller Schulfächer sein – es wird also kein spezielles digitales Schulfach geben. Mehr zur Strategie auf www.kmk.org

 

Auch die Bildungsmesse „didacta“ thematisiert vom 14. bis 18. Februar in Stuttgart das Thema. So veranstaltet beispielsweise der Städtetag Baden-Württemberg seinen kommunalen Bildungskongress unter dem Motto „Bildung auf Draht – Digitalisierung an Schulen“.

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