Überlebenshilfe für die Oase

 

Dem ersten Versuch Mitte Januar machte der Frost einen Strich durch die Rechnung (wir berichteten). Jetzt war einem gemeinsamen Kraftakt des Angler Vereins Möhringen mit zahlreichen Helfern doch noch Erfolg beschieden.

 

Von Daniel Stoll

 

Der Schnee vollends getaut, dazu immer wieder Regen und die Nässe staut sich auf den Feldern: So richtig ideal für das ehrgeizige Vorhaben ist die Witterung auch an diesem letzten Januarwochenende nicht. „Über den Zufluss kommt fast mehr Wasser nach als die Feuerwehr abpumpen kann“, sagt Franco Agostini, Erster Vorsitzender des Angler Vereins.

 

Das bedeute höchste Anforderungen an Mensch und Maschine. „Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung“, schmunzelt Alexandar Ljubomirović, ein Mitglied der „Kamikaze-Gruppe“. So bezeichnet Agostini respektvoll seine Jungs, die unter höchster Anstrengung und Konzentration durch das größtenteils abgepumpte schlammige Wasser waten und mit Keschern und Netzen die Fische einfangen – darunter neben etlichen kleineren Weißfischen auch stattliche Hechte, Karpfen und sogar eine leuchtend rote Karpfen-Goldfisch- Kreuzung. Sie finden für die Dauer der Maßnahme in umliegenden Gewässern wie dem Probstsee eine neue Heimat. „Die Prozedur ist für die Tiere sehr anstrengend, da sie derzeit in Winterruhe sind“, erklärt der Vereinsvorsitzende, der selbst auch im Wasser mit Hand anlegt und einen Neubesatz im Riedsee im Auge hat, unter anderem mit Zandern.

 

Müllberge aus der Tiefe

 

Der ungewohnt niedrige Wasserstand bringt allerlei kuriosen Unrat zutage: „Die Helfer sammeln nicht nur Unmengen an Flaschen ein, sondern sogar einen Presslufthammer, E-Roller, Fahrräder, ein Gartentor oder Schilder“, zählen Sabine und Thomas Betz auf, die gemeinsam mit ihrem zehnjährigen Sohn Dominik und etlichen anderen emsig den Schlamm und das Ufer durchforsten. „Das machen wir alle gern für diese kleine Oase“, so der Ur-Möhringer Thomas Betz, der sich noch gut an die letzte große Aktion dieser Art vor rund 35 Jahren erinnert, angesichts der Unmengen an Müll allerdings einen gewissen Werteverfall bedauert.

 

Da ist die vielfache uneigennützige Gemeinschaftsaktion ein erfreulicher Gegenpol: Zahlreiche Firmen, Geschäfte und Vereine aus Möhringen und Umgebung opfern ihr freies Wochenende, beteiligen sich, packen mit an, stellen Material bereit. Die Landfrauen Möhringen spendieren Kuchen, der Gasthof Riedsee zwei riesige Gulaschtöpfe für die gesamte Mannschaft. „Das ist eine super Kameradschaft. Genau so wünsche ich mir die Zusammenarbeit“, ist Franco Agostini begeistert. Auch bei den zahlreichen interessierten Zaungästen kommt die Aktion durchweg positiv an: „Besonders für Kinder ist das eine tolle Attraktion.“ Für das Unternehmen Walter Schäfer Wege- und Landschaftsbau aus Leinfelden-Echterdingen fängt die eigentliche Arbeit indes erst noch an: In den kommenden Tagen befreien die Mitarbeiter den Seegrund von einer gut 50 Zentimeter dicken Schlammschicht, die zur Trocknung auf den angrenzenden städtischen Feldern gelagert wird. Dadurch erhält das Wasser mehr Volumen und somit mehr Sauerstoff – und das hat diese kleine Oase Möhringens mehr als nötig.

 

Der Aischbach

Zur Anlage des Riedsees in den 1880er Jahren wurde der von Osten her fließende Aischbach aufgestaut. Einer seiner kleineren Quelläste entspringt unmittelbar bei der Holzbrücke beim See; er trocknet jedoch in den Sommermonaten oft aus. Der Abfluss aus dem See erfolgt über einen Mönch an dem Steinmäuerchen im Westen. Nachdem der Aischbach dann die Rembrandtstraße unterquert hat, verläuft er zunächst in einem offenen Graben, bis er am Siedlungsrand Möhringens in einem Rohr verschwindet. Nach seinem Wiederaustritt ans Tageslicht südlich des Ortskerns fließt der Aischbach mit dem Sindelbach zusammen und bildet mit diesem die Körsch – das größte Fließgewässer der Filder. sm

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