Verrohung der Gesellschaft ...

Das Thema ist so alt wie unsere Menschheitsgeschichte. Deshalb ist es so wichtig, was die Mütter und Väter unseres Grundgesetzes 1948 in die Wege geleitet haben. Nächstes Jahr wird unser Grundgesetz 70 Jahre alt und darin steht, was nicht mehr verändert werden kann und darf. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. Aufgrund der Erfahrungen durch den Nationalsozialismus mit seiner menschenverachtenden und -vernichtenden Gesinnung haben sich die Verfasser unseres Grundgesetzes Gedanken gemacht, wie dem Naziterror Vergleichbares nie wieder vorkommen darf.

 

In der kurzen Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg wurde somit ein wertvoller Grundstein hin zu mehr Menschlichkeit gelegt. Aber auch anderes wurde schon früher festgelegt. Die allgemeine Schulpflicht für ganz Deutschland wurde 1919 in der Weimarer Verfassung erklärt. Vor der Einführung der allgemeinen Schulpflicht bestand schon über Jahrhunderte eine Unterrichtspflicht. Der Vater hatte im eigenen Hause für den Unterricht seiner Kinder zu sorgen. Wenn er das nicht konnte, bestand die Pflicht, die Kinder zur Schule zu schicken. Wohlhabende konnten es sich schon immer leisten, Privatlehrer zu beschäftigen oder ihre Kinder auf Schulen zu schicken. Aber für Kinder der unteren Schichten war der Schulbesuch nicht gleichzeitig eine soziale Errungenschaft, sondern eher ein Akt der Diskriminierung, weil Eltern sich Schule nicht leisten konnten. Schulen gab es schon immer, doch eben nicht für jeden. Mit der Einführung der allgemeinen Schulpflicht sollte das Grundrecht auf eine „humane Bildung“ garantiert werden. Auch wenn diese Schulpflicht bis heute nicht unumstritten ist, sie ist und bleibt eine Errungenschaft für mehr Bildung. Doch Schule kann immer nur so gut sein wie die Menschen, die sie betreiben. Wir alle haben einen gesellschaftlichen Auftrag, den Kindern so viel Bildung wie möglich zu geben, und das unter dem Prinzip des größten Respekts.

 

Der Schweizer Arzt Remo Largo schreibt in seinem Buch „Schülerjahre“: „In unserer Gesellschaft legen wir immer mehr Wert auf eine Moral, die den Schwächeren diktiert, wie sie sich zu verhalten haben, damit sie die Stärkeren nicht stören. Was wir aber vor allem brauchen, ist eine Ethik der Stärkeren, ein Verantwortungsgefühl gegenüber den Schwächeren. Solch ethisches Verhalten muss bereits in der Schule gelehrt werden.“ Zur Erinnerung: Die Prügelstrafe an unseren Schulen ist 1973 gesetzlich abgeschafft worden, in Bayern erst 1980. Das ist gerade mal 40 Jahre her, aber auch ein wichtiger Schritt hin zu mehr Menschlichkeit. rs

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