Vom Gasthof zum Autohaus

 

Vor 200 Jahren war der „Pflug“ das erste große Gasthaus am Ortseingang, wenn man von Vaihingen her nach Möhringen kam. Im Zweiten Weltkrieg wurde es im Bombenhagel vollständig zerstört.

 

Das Gebäude der Gaststätte „Pflug“ ist schon auf den Karten der ersten Landesvermessung, die in Möhringen 1827 stattfand, eingezeichnet. Es war damals das Haus Nummer 2 und stand am Ortsweg Nummer 3, der heutigen Oberdorfstraße. Betrieben wurde der „Pflug“ zu dieser Zeit von Johann Michael Breuning, der von 1826 bis 1864 auch Schultheiß war. Wahrscheinlich waren aber schon sein Großvater Michael Breuning, von 1808 bis 1819 ebenfalls Schultheiß, und Vater Johann Jakob Breuning, von 1820 bis 1826 Schultheiß, Wirte der ersten Schildwirtschaft am Ortseingang gewesen.

 

Tausch mit benachbartem Bauernhof

 

Als Johann Michaels Sohn Wilhelm Heinrich Breuning 1888 verstarb, führte dessen Frau Marie den „Pflug“ zusammen mit ihrer Tochter Bertha und deren Mann Friedrich Brodbeck weiter. Letzterer war eigentlich Schäfer in Möhringen, und als seine Schwiegermutter Marie Breuning 1902 das Zeitliche segnete, wurde ihm die zusätzliche Belastung durch das Wirtshaus zu groß. Er schrieb deswegen den „Pflug“ samt beheizbarer Kegelbahn, Scheuer, Remise, Pferde- und Schweinestallungen, Hopfendarre, Brennerei, Mosterei, Hof, Gemüse- und Obstgarten sowie Ackerfeld im Filder-Boten zum Verkauf aus. Nachdem sich auf seine Zeitungsannonce niemand fand, kam es zu einem Handel mit Michael Friedrich Hascher und seiner Frau Katharine Margarete, geborene Streib, die ihren Bauernhof in der heutigen Oberdorfstraße 35, damals das Haus Nummer 10 am Ortsweg Nummer 3, gegen die Gaststätte einschließlich landwirtschaftlicher Flächen und Obstwiesen eintauschten.

 

Vielseitig engagierter Wirt

 

Michael Friedrich Hascher (1859–1926) war kurz vor der Jahrhundertwende auch Gründer der ersten Krautfabrik in Möhringen gewesen, die sich unmittelbar westlich des damaligen Friedhofs, des heutigen Alten Parks, an der Vaihinger Straße befand. Im Jahr 1900 soll er eine Wagenladung Sauerkraut auf die Weltausstellung nach Paris geliefert haben, und 1907 gewann er bei einer Internationalen Ausstellung die Goldmedaille. Sechs Jahre später verkaufte er die Fabrik für 153.000 Reichsmark und zog mit seiner Frau in die Richterstraße. Außerdem war er Kirchengemeinderat und 1894 Gründungsvorstand des örtlichen Darlehenskassenvereins, der späteren Möhringer Bank eGmbH, die seit 1972 dem Verbund Deutscher Volks- und Raiffeisenbanken e. V. angehört. Seine Frau Katharine (1861–1910), die er im Jahr 1881 geheiratet hatte, brachte 15 Kinder zur Welt, von denen neun das Erwachsenenalter erreichten. Nach Katharines Tod heiratete er 1911 die Witwe Regina Wolf, geborene Bienzle (1862–1930). Hascher führte den „Pflug“, bis dieser 1921 vermutlich durch Brandstiftung abbrannte und danach durch die Brauerei „Wulle“ neu aufgebaut und betrieben wurde. In den Adressbüchern von 1926 und 1937 wird Karl Neef als Wirt des „Pfluges“ aufgeführt. Beim Bombenhagel in der Nacht vom 15. auf den 16. März 1944 wurde das Gebäude vollständig zerstört. Heute befinden sich hier die Werkstätten und die Einfahrt des Autohauses „Lutz“.

 

Von SonjaMailänder

 

(Artikel aus Möhringen Aktuell, KW 15/2022)

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