Wagner und Karosseriebauer

Eine der bedeutendsten Möhringer Unternehmerfamilien heißt Auwärter (Teil 3)

 

Anfang des 19. Jahrhunderts zog Johann Gottlieb Auwärter (geb. 1795) aus der kleinen Schurwaldgemeinde Schlichten, nahe Schorndorf, nach Möhringen, um zu heiraten. Damit begann eine Ära.

 

Gottliebs Sohn Friedrich Christian Auwärter (1826–1893) absolvierte bei Jacob Bienzle eine Wagner-Lehre. Nach dem Abschluss der Meisterprüfung heiratete er 1850 dessen Tochter Regina und gründete kurz darauf seine eigene Werkstatt – zunächst nahe dem Rathaus, später im Kaltentaler Weg, der heutigen Balinger Straße. Der Ehe entsprossen die vier Kinder Magdalena (1857), Friederike (1859), Jakob (1860–1925) und Gottlob (1870–1936).

 

Im Jahr 1890 übernahmen die beiden Söhne den elterlichen Betrieb, in dem damals hauptsächlich Rechen, Schippen, Pickel, Axt- und Beilhelme sowie verschiedene landwirtschaftliche Wagen und Wagenräder gefertigt wurden. Zusätzlich spezialisierten sich Jakob und Gottlob sehr erfolgreich auf die Konstruktion von Getreidereinigungsmaschinen. Um die Produktivität zu erhöhen, modernisierten sie um die Jahr-hundertwende die kleine Werkstatt, indem sie eine Dampfmaschine mit einer Transmission für Holzbearbeitungswerkzeuge wie Kreissäge, Hobel-, Bohr- und Fräsmaschine installierten. Damit schafften sie es, zwanzig Putzmühlen pro Woche herzustellen. 

 

Erste Karosserieaufbauten

 

Da der Betrieb jedoch trotz dieser Leistungssteigerung und der guten Verkaufszahlen auf Dauer keine zwei Familien ernähren konnte, einigten sich die Brüder per Losentscheid, dass Gottlob ihn ab 1907 allein weiterführen sollte. Jakob gründete daraufhin eine eigene Wagnerei im Hinterhof der Filderbahnstraße 36, aus der später das Reifengeschäft „Wagner“ hervorging. Für den Stammbetrieb brachte die 1912 in Möhringen eingeführte Stromversorgung einen erneuten Umbruch, da sie den Vorteil der Dampfmaschine negierte. Gottlob Auwärter stellte sich nun auf elektrisch betriebene Maschinen um. Hauptkunde war zu dieser Zeit das Straßenbahndepot, das er mit Schaufel- und Pickelstielen, Holznägeln und Ähnlichem belieferte. Daneben vertrieb er seine selbst konstruierten Putzmühlen auf den gesamten Fildern.

 

Im Jahr 1895 hatte Gottlob sr. Berta Wolf geheiratet, mit der er eine Tochter Berta (1899) und sechs Söhne – Wilhelm (1896), Ernst (1902), Gottlob jr. (1903), Paul (1905), Otto (1907) und Adolf (1912) – in die Welt setzte. Traditionsgemäß erlernten auch seine Söhne das Wagner-Handwerk, und die älteren stiegen nach dem Ersten Weltkrieg in den Betrieb mit ein. Damals kam zunehmend Metall als Werkstoff auf; die bewährten Holzspeichenräder wurden mehr und mehr durch Stahlfelgen und die kutschenähnlichen Holzaufbauten und Stofffaltdächer der Motorfahrzeuge durch stabile Karosserien abgelöst. Gottlob sr. erkannte früh die Zeichen der Zeit und schickte seinen Sohn Gottlob jr. 1922 als Gesellen in das Karosseriewerk „Reutter & Co. GmbH“ im Stuttgarter Westen. Nachdem er 1925 zurückkehrte, konstruierte er zusammen mit seinem Bruder Otto aus Gebrauchtwagen seine ersten Liefer- und Pritschenwagen. Nach einem Werkstattumbau wurde auch die erste Omnibuskarosserie gefertigt. 

 

Erneute Aufteilung

 

Mit seinen geschickten Entwürfen machte er sich bald einen Namen, und die Auftragslage wuchs stark an. Da in dem kleinen Betrieb neben den Omnibus- und Pkw-Karosserien allerdings auch immer noch Putzmühlen und Bauernwagen gebaut wurden, war bald die Kapazitätsgrenze erreicht. Gottlob jr. entschloss sich daher, im Bereich der ehemaligen Ziegelei „Probst“ am westlichen Ortsrand Möhringens ein eigenes Unternehmen, die „Gottlob Auwärter jr. O.H.G.“, zu gründen, in das auch Otto mit einstieg.

 

Ihre Brüder führten den Familienbetrieb zunächst gemeinsam weiter. Nachdem Wilhelm im Zweiten Weltkrieg fiel, einigten sich Ernst und Paul 1949 erneut auf eine Aufteilung. Ernst gründete die Firma „Ernst Auwärter Karosserie- und Fahrzeugbau KG“ mit dem Schwerpunkt Omnibusbau, sein Bruder stellte in der „Paul Auwärter KG“ land-wirtschaftliche Anhänger her.

 

Von SonjaMailänder

 

(Artikel aus Möhringen Aktuell, KW 09/2022)

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