Was ist das Corona-Abi wert?

Abitur und Studium unter erschwerten Pandemie-Bedingungen

 

Trotz aller ungewöhnlichen Umstände sieht Andrea Funke- Fuchs, Schulleiterin des Königin- Charlotte-Gymnasiums (KCG), ihre Schützlinge gut vorbereitet für die derzeitigen Abitursprüfungen. Und dennoch: Die Unsicherheit und das Lernen im Homeoffice zehrt an den Nerven von Schülern und Studierenden.

 

Von Daniel Stoll

 

Am 4. Mai haben die diesjährigen Abitursprüfungen mit dem Fach Deutsch begonnen. Noch bis zum 21. Mai schwitzen die Schüler der Abschlussprüfungen bei den schriftlichen Prüfungen – zusätzlich zum Prüfungsstress auch noch unter den verschärften Pandemie- Bedingungen. „Wir wissen um die großen Herausforderungen für alle Beteiligten, insbesondere natürlich für unsere Schülerinnen und Schüler. Deshalb haben wir an vielen Stellschrauben gedreht, um im Sinne der Prüflinge auf diese außergewöhnliche Situation zu reagieren“, versichert Kultusministerin Susanne Eisenmann.

 

„Ich glaube, dass unsere Abiturienten unter den gegebenen Umständen sehr gut auf die Prüfungen vorbereitet wurden. Daher würde ich auch eine Absage des schriftlichen Abiturs nicht befürworten“, argumentiert KCG-Schulleiterin Andrea Funke-Fuchs. Eine solche Absage zugunsten eines sogenannten Durchschnittsabiturs nach dem Vorbild einiger Nachbarländer hat hierzulande auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) gefordert – war damit aber auf wenig Gegenliebe gestoßen: Schließlich sollen die mehr als 46.000 Abiturienten im Baden- Württemberg ebenso wenig wie ihre Vorgänger im vergangenen Jahr als „die mit dem Corona-Abi“ im Gedächtnis bleiben. Die Prüfungen sollen im Gegenteil möglichst normal ablaufen.

 

Erleichterungen für die Prüflinge

 

So durften die Abschlussjahrgänge als Erste zurück in den Präsenzunterricht – ausgenommen die beiden Wochen direkt vor dem schriftlichen Abitur, um mögliche Ansteckungen vermeiden. Den Hygienevorschriften wird selbstredend Rechnung getragen: „Wir haben zwei Prüfungsräume am KCG – für getestete und nicht gestestete Schüler“, erläutert der stellvertretende Schulleiter Benjamin Köhler. Als Vergünstigungen haben die Schüler unter anderem mehr Prüfungsaufgaben zur Auswahl und für deren Bearbeitung eine halbe Stunde mehr Zeit.

 

„Nachdem wir nun seit über einem Jahr Unterricht unter Pandemiebedingungen machen, haben wir natürlich sehr viele Erfahrungen gemacht und arbeiten heute sehr viel versierter und zielführender mit den uns zur Verfügung stehenden digitalen Plattformen“, weiß Schulleiterin Funke- Fuchs. „Man kann sogar feststellen, dass noch nie so wenig Unterricht ausgefallen ist wie in diesem Schuljahr.“ Allerdings: „Der Unterricht selbst verliert an Dynamik durch das digitale Medium und manches kann im Online-Unterricht nicht in der gleichen Form vermittelt werden.“

 

Zudem werden die Angebote unterschiedlich angenommen: „Für manche Schüler ist diese Form des Lernens eine willkommene Möglichkeit, das eigene Lernen selbstständig zu strukturieren. Für andere ist es aufgrund häuslicher Rahmenbedingungen und anderer Ablenkungen schwieriger, Schritt zu halten. Wo immer wir konnten, haben wir diese Schüler in die Notbetreuung geholt.“ In einigen Jahren werde niemand mehr über die besonderen Bedingungen nachdenken, unter denen das Abitur 2021 stattfand, schätzt die Rektorin.

 

Ähnlich denkt auch Jonas Bühler in Bezug auf sein Studium und seine späteren Berufsaussichten: „Am Ende spielt es keine Rolle, ob man sein Studium in der Regelstudienzeit absolviert oder ein bis zwei Corona-Semester obendraufsattelt. Ich denke nicht, dass Arbeitgeber, vor allem im sozialen Sektor, dafür kein Verständnis aufbringen werden“, ist sich der 26-jährige Möhringer sicher, der seit Kurzem Mitglied im Bezirksbeirat ist und an der Evangelischen Hochschule in Ludwigsburg Diakoniewissenschaft und Soziale Arbeit studiert (wir berichteten).

 

Allerdings findet sein Studium seit einem Jahr nur online statt. „Gespräche mit Kommilitonen und Dozierenden in den Pausen oder beim Mittagessen in der schrecklichen Mensa fehlen enorm“, bedauert Bühler. „Man muss sich wirklich darauf konzentrieren, regelmäßig frische Luft zu schnappen oder mal Sport zu machen, sonst dreht man vollkommen durch.“

 

Beistand

Die evangelische und katholische Jugendkirche Stuttgart unterstützen die Schüler der Abschlussklassen mit einem Prüfungssegen. „Wir möchten den Jugendlichen damit Halt, Kraft und Geborgenheit schenken“, sagt Andrea Neininger, die Dekanatsbeauftrage für Schulpastoral der Katholischen Kirche Stuttgart. Den digitalen Prüfungssegen mit Gebeten, Impulsen und Andachten als Audio- und Videodateien gibt es auf www.pruefungssegen. de, eine tägliche Ermutigung finden Schülerinnen und Schüler auf dem dazugehörigen Instagramkanal.

 

(Artikel aus Möhringen Aktuell, KW 19/2021)

Zurück

Einen Kommentar schreiben