Wenn der letzte Kamerad stirbt

Tierfriedhof Fasanenhof: Ruhestätte, Ort der Besinnung und Begegnung

 

»Mein letzter Kamerad auf dieser Erde ist jetzt auch gestorben «, erzählt ein 90-jähriger Mann mit belegter Stimme, während er seinen Dackel zu Grabe trägt. »Mein Kind ist tot!«, ruft eine verzweifelte Frau aufgeregt ins Telefon. Zehn-, fünfzehnmal hat sie die Nummer von Rolf Bohler gewählt, sucht Trost und Hilfe, weiß nicht, was tun mit ihrem Hund, der gerade verstorben ist. Für diese Menschen und ihre geliebten Vierbeiner betreibt Rolf Bohler den Tierfriedhof im Fasanenhof.

 

1500 Tiere liegen hier: Katzen, Meerschweinchen, Kaninchen, Papageien, Schildkröten, Wellensittiche, Ratten und Mäuse; etwa die Hälfte davon sind Hunde. So unterschiedlich wie die Tiere, so unterschiedlich laufen die Bestattungen ab: »Am Grab sage ich meist einige Worte. Manche Leute bereiten auch selbst eine eigene Zeremonie vor und singen, tanzen oder beten, manche schaufeln das Grab selbst, manche kommen jeden Tag hierher, andere nie wieder«, so Bohler.

 

Ort der Begegung

 

Unter denen, die wiederkommen, entwickeln sich oft Freundschaften, man kennt sich, man fühlt mit, weiß Bescheid über die Launen und Eigenheiten von Stöpsel, Chocco und Sir Lancelot, kennt die Geschichten, die den Vierbeiner zu etwas Besonderem gemacht haben, spricht über die Vergänglichkeit. »Die Menschen treffen sich, sie kümmern sich umeinander«, sagt Bohler. Und so wird an heißen Tagen auch mal das Grab eines Tieres gegossen, das man nur aus Erzählungen kennt, oder das Grablicht, das erloschen ist, gewechselt und wieder angezündet.

 

»Es gibt Menschen, die zwei Mal in der Woche herkommen – und das seit 15 Jahren«, erzählt Bohler. Wer viele Jahre mit einem Tier gelebt hat, der hat eine enge Beziehung zu ihm aufgebaut. Da spielt es keine Rolle, ob es sich um einen Hund, eine Wasserschildkröte oder ein Meerschweinchen handelt. »Die Tiere sind Familienmitglieder«, so Bohler. Und Familienmitgliedern gebührt ein würdevoller Abschied. Diese Ansicht war es auch, die Maximilian Rothenbacher vor mehr als 15 Jahren zur Errichtung des Tierfriedhofes antrieb.

 

Eine Vision

 

Rothenbacher hatte es nicht leicht mit seiner Vision, einen Tierfriedhof in Stuttgart aufzubauen. In Deutschland gab es 1998 nur einige wenige Tierfriedhöfe. Doch der Stuttgarter Bildhauer gab nicht auf. Mehr als zwei Jahre waren mit der Suche nach einem Gelände und dem Gang zu elf verschiedenen Ämtern vergangen, bis Rothenbacher das 6 500 Quadratmeter große Gelände im Fasanenhof endlich von der Stadt Stuttgart pachten konnte. Mit Liebe zum Detail schuf er aus den brachliegenden Flächen einen Ort der Verabschiedung, der Ruhe und Begegnung.

 

Vor zweieinhalb Jahren übernahm Rolf Bohler den Tierfriedhof – und betrat als Mann des Gartenbaus ebenfalls Neuland. Doch für eine schaurige Vorstellung à la »Friedhof der Kuscheltiere « blieb nicht viel Platz. »Die erste Nacht hier war zwar schon etwas komisch«, erinnert sich Bohler, der ab und zu in seinem Wohnwagen hinter der Verabschiedungshalle schläft. »Das hat sich aber sehr schnell geändert. Ich habe begonnen, mich auf eine andere Art mit dem Tod zu beschäftigen und gemerkt, was für eine extreme Ruhe dieser besondere Ort ausstrahlt.«

 

Informationen

 

Der Tierfriedhof Stuttgart liegt im Stadtteil Fasanenhof, am Logauweg 21 und ist durchgehend für Besucher geöffnet. Die Mindestpachtdauer für ein Grab beträgt fünf Jahre. Kontakt: Rolf Bohler, Telefon: 01577/469 77 76, sowie unter www.tierfriedhof- stuttgart.de

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