Wir werden ernst genommen

Die neue Form der Schulkonferenz mit Lehrern, Schülern und Eltern

 

Gegen Ende letzten Jahres gab es in der Anne-Frank-Real- und Gemeinschaftsschule (AFRGMS) zum ersten Mal ein Treffen der vollkommen neu zusammengesetzten Schulkonferenz. Schon immer war das höchste Gremium einer jeden Schule von Eltern, Lehrern und Schülern besetzt. Laut neuem Schulgesetz müssen seit August 2014 alle Schulen mit mindestens 14 Lehrerstellen eine neue Zusammensetzung der Schulkonferenz herbeiführen.

 

Waren es bisher plus der Schulleitung immer sechs Lehrer, drei Eltern und drei Schüler (13 Teilnehmer), so sind es nun, inklusive der Schulleitung, je vier Lehrer, Eltern und Schüler (also zwölf Teilnehmer – ganz paritätisch, ohne Übergewicht bei den Lehrern). Das ist sehr ungewöhnlich und soll den Eltern und den Schülern ermöglichen, stärker in die Planungsarbeit der Schule einbezogen zu werden.

 

Viele Kollegien haben sich da zunächst gesperrt. »Das ist mein Arbeitsplatz, die Eltern sind nach ein paar Jahren doch wieder draußen, die Kinder sind oft zu klein und erkennen noch gar nicht, was wichtig ist!« Solche und ähnliche Kommentare waren aus vielen Schulen zu hören. Andernorts hieß es aus der Lehrerschaft: »Da lass ich mich erst gar nicht aufstellen! Die Schulkonferenz interessiert mich nicht mehr.« Denn alle Plätze, sowohl bei den Eltern als auch bei den Lehrern und Schülern, werden durch Wahlen innerhalb der Schule vergeben.

 

Kunden einer Schule

 

Warum eigentlich sollte man sich dem versperren? Die Schüler und ihre Familien sind schließlich durchaus so etwas wie Kunden einer Schule. Sie kaufen zwar nichts ein, suchen sich aber die Bildungseinrichtung aus, die ihnen gefällt und die bei der Erziehung und Bildung ihrer Kinder ein gewichtiges Wort mitsprechen darf. »Es sind ja nicht nur die Möhringer Teilbezirke, aus denen die Kinder zu uns kommen. Auch West und Mitte, Feuerbach, Plieningen und Sillenbuch oder Leinfelden- Echterdingen gehören dazu. Da können wir uns nicht zurückziehen und so tun, als ob uns deren Meinung nicht interessiert.

 

Eine wichtige Rolle innerhalb des Schullebens

 

Ganz im Gegenteil, die Schüler nehmen eine gewichtige Rolle innerhalb des Schullebens ein. Schon deshalb muss uns ihre Meinung interessieren«, so Rektorin Beate Müller. Und weiter betont sie: »Zu den Eltern kann man dasselbe sagen. Wir können doch nicht davon ausgehen, dass sie uns zwar Kuchen backen, Getränke einkaufen, den Förderverein unterstützen und das Sommerfest organisieren, aber auf der anderen Seite keinen Einfluss auf den Weg der Schule ihrer Kinder nehmen wollen. Das wäre überheblich und mehr als töricht.« Die AFRGMS hat deshalb schon vor Langem eine Reihe von Demokratisierungen und Mitgestaltungsformen eingeführt, die alle in dieselbe Richtung wiesen. Unabhängig von der Änderung des Schulgesetzes zeigen diese schon längst ihre Einflüsse. So wurden auf Schülerseite die Klassensprecher durch Stufensprecher ergänzt. Die Schülersprecher haben zusammen mit ihnen regelmäßige Treffen mit der Schulleiterin, um Vorschläge sowie Sorgen und Nöte äußern und hören zu können.

 

Ein großes Maß an Beteiligungsmöglichkeiten

 

Die SMV erfährt als Ganze ein großes Maß an Beteiligungsmöglichkeiten. »Wir sind eben nicht nur eine Feier- und Turnier-Vorbereitungsgruppe «, so die Vertreter der SMV. Deshalb gehen die Schüler auch zu Beginn des Schuljahres mit den Verbindungslehrern Sandro Totaro und Milena Figel zwei ganze Tage in Klausur. »Wir nehmen uns dann verschiedene Themen vor, die gezielt diskutiert und in der Praxis angegangen werden«, so Totaro und weiter erklärt er, »diese Vorschläge werden dann auch von den Schülern in der Schulkonferenz vorgetragen.«

 

Damit das alles schon bei den Kleinsten in Klasse 5 angelegt wird, führen deren Klassenlehrer einen Klassenrat ein, in dem ein Schüler den Vorsitz hat und der Lehrer, genauso wie jeder Schüler, ein Teilnehmer in der Runde ist. Auch das Wort erteilt in diesen Runden ein Schüler, nicht der Lehrer. Immer wieder stattfindende Schülerversammlungen werden ebenfalls von Schülern mitorganisiert und mitgeleitet. Die Schüler sind in der AFRGMS deshalb in ganz unterschiedlichen Gruppen aktiv. Dazu gehören die Gruppe zur Entwicklung des Leitbildes, der Planungsgruppe für den Erweiterungsbau der Schule, das Schulhausteam, die Schulsanitäter, das Streitschlichterprogramm, die Schülermentoren oder die Pausenschiedsrichter sind aktiv bei der Gestaltung ihres Schullebens eingebunden. Verantwortung übernehmen sie auch durch ihre aktuellen Planungen eines »Nice-Day«, an dem sie gutes Benehmen innerhalb der Schule fördern wollen. »Wir finden es ganz wichtig, wie sich Schüler untereinander, aber auch Schüler zu Lehrern und umgekehrt verhalten. Da ist es gut zu sehen, wenn es freundlich und hilfsbereit zugeht«, so Alina White nach der Schulkonferenz, in der sie das Vorhaben der SMV vorgestellt hat.

 

Weit über den Rahmen des Schulgesetzes hinaus

 

Die Eltern haben genau solche positiven Erfahrungen an der Schule gemacht. Die Einbeziehung ist auch hier weit über den Rahmen des Schulgesetzes hinaus gesteckt. »Wir können die Kompetenzen unserer Elternschaft kaum überschätzen. Da gibt es sehr viele, die der Schule gerne mit Rat und Tat zur Seite stehen. Das ist wichtig und gut«, so Lehrer Holger Viereck, zuständig für die Berufsorientierung. »Bildungspartnerschaften, Praktikumsplätze, ›Know-how‹ in Organisation und Beharrlichkeit im Umgang mit schulischen Partnern und Ämtern sind nur einige Punkte, die man hier herausstreichen kann.« Der frisch gewählte Schülersprecher Branislav Tomasevic bringt seine Erfahrungen am Tag nach seiner ersten Schulkonferenz dann auch voller Zustimmung auf den Punkt: »Ja, wir werden hier ernst genommen!«

 

red

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