Ziegel aus dem „Probste`loch“

Am Rande Möhringens wurden früher große Mengen Lehm gewonnen (Teil 1)

 

Noch bis 1935 befand sich auf dem Gelände des heutigen Wohngebiets „Seepark“ die „Schamotte- und Tonwarenfabrik Probst“, auf deren Abbaugrube der Probstsee zurückgeht. Gegründet wurde sie 1893 von Berthold Probst, der als junger Mann nach Möhringen kam, um dort die Anlagen einer Ziegelei am westlichen Ortsrand zu pachten und 1897 vollständig zu erwerben.

 

Von Sonja Mailänder

 

Da an Werkstoffen im Zuge des industriellen Wirtschaftsaufschwungs in Südwestdeutschland ein großer Bedarf herrschte, verzeichnete das Probst`sche Unternehmen von Anfang an hohe Umsätze. Auch erwies sich der Anschluss Möhringens an die Filderbahn als sehr vorteilhaft. Dank der guten Auftragslage wurde die Ziegelei ständig erweitert. Dabei stellte das umfassendste Projekt eine neue Produktionshalle mit modernen Brennöfen dar, die man im Jahre 1910 errichtete. Auch verschiedene Grundstückskäufe, der Bau einer Privatvilla und gute Arbeitsbedingungen für die Angestellten lassen auf einträgliche Geschäfte schließen. Zum Betrieb gehörten außerdem Pferdewagen und später Automobile, mit denen die Baustoffe an die Kunden in der näheren Umgebung ausgeliefert werden konnten.

 

Kunstkeramik als Rettungsanker

 

Ähnlich wie viele andere Ziegeleien, die um die Jahrhundertwende rund um Stuttgart entstanden waren, bekam jedoch auch die von Berthold Probst den Wirtschaftseinbruch in der Baubranche zu Beginn des Ersten Weltkrieges zu spüren. Ihre Aufträge gingen zurück und Arbeiter wurden in den Kriegsdienst eingezogen. Am schlimmsten traf die Fabrik aber ein Brand am 22. Juli 1918 in der großen neuen Produktionshalle, der sie bis auf die Grundmauern zerstörte. Nach Kriegsende wurde das Gebäude zwar wieder errichtet, aber auch danach konnte der Betrieb nicht mehr an seine einst so guten Umsätze anknüpfen.

 

Eine bereits im Jahr 1868 gegründete zweite Ziegelei in Möhringen befand sich im Gebiet des heutigen Rembrandt- Schulzentrums. Heute erstreckt sich in der einstigen Lehmabbaugrube das dazugehörige Sportgelände. Sie wurde 1889 von Karl Kühner, einem Degerlocher Fabrikanten, übernommen und als Dampfziegelei ausgebaut. 1919 ging sie in Gemeindebesitz über und wurde von H. Cahn und C. Zundler als „Möhringer Ziegelfabrik“ weiterbetrieben. Auch ihre Produktion wurde jedoch Mitte der 1930er-Jahre eingestellt und die Gebäude bis 1938 abgebrochen. sm

Berthold Probst schaffte es jedoch, sein Unternehmen zu retten: Um die Kapazität seiner Brennöfen auch bei geringerer Auftragslage auslasten zu können, kam er auf die Idee, darin zusätzlich zu Baustoffen auch Gebrauchs- und Zierkeramik herzustellen. Hierzu ging er eine Partnerschaft mit dem Stuttgarter Kunstgewerbeund Fachlehrer für Keramik Max Kluge ein und gründete zusammen mit diesem am 28. Februar 1919 die „Kunstkeramischen Werkstätten Probst und Kluge“.

 

Durch die Neuorganisation erfuhr der Betrieb nochmals eine Blütezeit, worauf verschiedene Innovationen, unter anderem ein neuer Fernsprechanschluss, hindeuten. Auch firmierte das Unternehmen ab 1. Januar 1923 unter „Berthold Probst GmbH“. Gesellschafter waren neben Berthold und seiner Frau Anna seine beiden Töchter Helene und Margarete, ab 22. Juni 1925 auch seine drei anderen zu diesem Zeitpunkt bereits erwachsenen Kinder Alma, Annemarie und Berthold jr.

 

Nach dem Tod Berthold Probsts im Juli 1925 führte seine Familie den Betrieb zwar weiter. Da die angeheirateten Schwiegersöhne jedoch eigenen Berufen nachgingen, konnte nicht mehr so viel Initiative und Kreativität eingebracht werden. Auch hatte Max Kluge das Unternehmen bereits während der vorhergehenden Krankheitsphase Berthold Probsts vermutlich 1924 verlassen. Insgesamt wurden die Geschäfte während der letzten neun Jahre wohl nur noch mehr oder weniger am Laufen gehalten. In Folge der damals erneut schlechten Wirtschaftslage in Deutschland kam es zu Mindereinnahmen. Möglicherweise gingen auch die abbauwürdigen Lehme auf Probst’schem Gelände zur Neige. Im Jahr 1934 musste der Betrieb schließlich endgültig stillgelegt werden.

 

Gemeindeziegelei Möhringen

Eine bereits im Jahr 1868 gegründete zweite Ziegelei in Möhringen befand sich im Gebiet des heutigen Rembrandt- Schulzentrums. Heute erstreckt sich in der einstigen Lehmabbaugrube das dazugehörige Sportgelände. Sie wurde 1889 von Karl Kühner, einem Degerlocher Fabrikanten, übernommen und als Dampfziegelei ausgebaut. 1919 ging sie in Gemeindebesitz über und wurde von H. Cahn und C. Zundler als „Möhringer Ziegelfabrik“ weiterbetrieben. Auch ihre Produktion wurde jedoch Mitte der 1930er-Jahre eingestellt und die Gebäude bis 1938 abgebrochen.

 

sm

 

(Artikel aus Möhringen Aktuell, KW 19/2021)

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